neuer Flyer des Metallertreffs Stuttgart: Kampf um Arbeitszeitverkürzung wieder aufnehmen

Der Kampf um Arbeits- und damit auch um Lebenszeit hat wieder Fahrt aufgenommen. Die IG Metall hat die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich als Ziel für die anstehende Tarifrunde Ende des Jahres in der Stahlindustrie ausgegeben und so eine Debatte über Arbeitszeitreduzierung weit über die Branche hinaus angestoßen. Das ist gut so.

Doch um was geht es konkret? Um einen Tag weniger arbeiten, also statt 35 nur noch 28 Stunden? Weit gefehlt. Der IG Metall schwebt die Senkung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden vor, also gerade mal eine Absenkung um 3 Stunden, nicht um 7 Stunden. Verbunden ist die Viertagewoche mit einer Verlängerung des Arbeitstages von 7 auf 8 Stunden. Doch ist das sinnvoll? Die Belastungen sind gestiegen. Und auch als Mittel gegen drohenden Personalabbau, sei es wegen der sogenannten „Transformation“, wegen Digitalisierung oder anderem sind die wenigen Stunden Arbeitszeitverkürzung nicht hilfreich. Um Belastungen wirkungsvoll zu reduzieren und Entlassungen zu verhindern braucht es größere Schritte zur Verkürzung der Arbeitszeit und natürlich auch nur mit vollem Lohn- und gegebenenfalls auch Personalausgleich. Die Verlängerung des Arbeitstages von 7 auf 8 Stunden ist kontraproduktiv, da dadurch die gesundheitlichen Belastungen steigen werden.

Mit einer 30-Stundenwoche – bei einer Viertagewoche ist der Effekt sowohl für Gesundheit, Belastung und Verhinderung von Entlassungen wesentlich größer und deshalb als neuer Standard anzustreben. Sinnvoll wäre eine Wahlfreiheit zwischen kürzeren Arbeitstagen und einer 4-Tage-Woche. Ein solcher Schritt kann zu vollem Erfolg werden, wenn alle Gewerkschaften für die Arbeitszeitverkürzung kämpfen und nicht nur eine einzelne Branche. Die IG Metall hat einen Stein ins Wasser geworfen und es ist an der Zeit, dass das Thema der Arbeitszeitverkürzung breit in die Gesellschaft, in alle Branchen und Betriebe getragen wird. Ein breites gesellschaftliches Bündnis für Arbeitszeitverkürzung ist notwendig, wenn der Kampf erfolgreich geführt werden soll.

Umfragen und Studien zeigen seit Jahren, dass Arbeitszeitverkürzung und Viertagewoche auf große Zustimmung bei den Beschäftigten stößt, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Bessere Arbeitsbedingungen wirken auch dem Fachkräftemangel entgegen, weil die Anziehungskraft für die KollegInnen für diese Bereiche zunimmt.

Das Kapital geht in die Gegenoffensive

Kaum ist das kleine Steinchen ins Wasser geworfen, bläst die Kapitalseite zur propagandistischen Gegenoffensive. Den ersten Aufschlag machte der Präsident der „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“ (BDA), Rainer Dulger, Anfang Juni. „Deutschland muss die Ärmel wieder hochkrempeln. Mit niedriger Wochen- und Jahresarbeitszeit, verkürzter Lebensarbeitszeit und zugleich sehr hohen Lohnkosten werden wir Klimawandel, Demografie und Digitalisierung nicht bewältigen“, so Dulger gegenüber der „Bild“. Geht es nach ihm, dann müsste Deutschland sein „verstaubtes Arbeitsrecht flexibilisieren“. Er will die gesetzliche tägliche Höchstarbeitszeit am Liebsten gleich entsorgen.

Die Bosse der Stahl-, Metall- und Elektroindustrie wollen vier Stunden Mehrarbeit pro Woche. Dabei geht deren Verbandschef Stefan Wolf wie selbstverständlich nicht von der tariflich vereinbarten 35-Stunden-Woche aus. Stattdessen spricht er von durchschnittlich 38 Stunden pro Woche, die auf 42 erhöht werden. Also eigentlich eine Erhöhung um 7 Stunden.

Auch die Angriffe auf die Lebensarbeitszeit nehmen wieder Fahrt auf. Für Dulger ist die Rente mit 70 Jahren längst kein Tabu mehr. Und auch 72 Jahre ist immer mal wieder zu hören. Auch die frühere Rente nach 45 Beitragsjahren soll rückgängig gemacht werden, so wünscht es sich CDU-Politiker Jens Spahn.

Die Gewerkschaften müssen diese Angriffe auf die (Lebens-)Arbeitszeit entschieden zurückweisen und den Kampf für die 30-Stundenwoche bei vollem Lohn- und ggfs. Personalausgleich sowie für die abschlagsfreie Rente mit 60 Jahren konsequent aufnehmen.

Weitere Artikel im Flyer:

Sterberisiko steigt bei längerer Lebensarbeitszeit
Konzertierte Aktion für Inflationsausgleich nützt Kapital
Mahle Aktionstag in Neustadt
Veranstaltungsankündigungen / nächste Metallertrefftermine

Layout Flyer MT Nr 2 2023

 

 

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