Tarifrunde Metall: Stimmung und Diskussionen in den Betrieben

In den Betrieben der Metall- und Elektroindustrie wird trotz des vom IG Metall-Vorstand Ende Januar verkündeten Moratoriums die Tarifrunde vorbereitet. Das Moratorium ist ein „Friedensangebot“ an die Metallkapitalisten, um ohne Arbeitskampfmaßnahmen und ohne Nennung von konkreten Forderungen noch während der Friedenspflicht zu einem Ergebnis zu kommen (siehe auch UZ vom 21.2.2020).

Bei Mitgliedern, wie bei betrieblichen Funktionären und – unter vorgehaltener Hand – auch von Hauptamtlichen gibt es einige Kritik an diesem Moratorium. Was am meisten aufstößt ist, dass es ohne Diskussion in der Mitgliedschaft verkündet wurde. Dies wird als undemokratisch empfunden, als „komisches Vorgehen“, als „überstülpen“, als nicht vereinbar mit „Die IG Metall vom Betrieb aus denken“ – einer zentralen Kampagne, die auf dem letzten Gewerkschaftstag beschlossen wurde.

Was ebenso kritisiert wird ist die Friedenspflicht während des Moratoriums, haben die KollegInnen doch die Erfahrung gemacht, dass das Metallkapital noch nie was freiwillig hergegeben hat. Die Erfahrungen jetzt in der Krise bestätigen dies: die Belegschaften sollen die Krisen- und Dieselskandalkosten aus ihrer eigenen Tasche bezahlen.

Zu den einzelnen Forderungselementen

Auch ohne eine konkrete Forderungshöhe in die Tarifrunde zu starten, stößt auf Widerspruch. In den Betrieben werden Lohnforderungen diskutiert. Sie bewegen sich in der Höhe um 5 Prozent herum, eher ein Tick mehr. Von Porsche Zuffenhausen ist bekannt geworden, dass 6,5 Prozent, mindestens 300 Euro Festbetrag tabellenwirksam mit einer Laufzeit von 12 Monaten gefordert wird. Dies ist die bisher höchste Forderung, die bekannt wurde, was natürlich auch mit der guten wirtschaftlichen Lage bei Porsche zusammen hängt. Aber auch aus Maschinenbau-Betrieben gibt es Forderungen nach 5,5 Prozent und einem Sockelbetrag von 180 Euro. Dies zeigt, dass die Vertrauensleute klare Vorstellungen von der Forderungshöhe haben, was im Gegensatz dazu steht, dass der IG Metall-Vorstand ohne eine benannte Forderungshöhe in die Tarif-Gespräche eingestiegen ist.

Auf Zustimmung stoßen die Forderungen nach Beschäftigungssicherung, also Verhinderung von Entlassungen, Standortverlagerungen und -schließungen. Insbesondere in den Betrieben, die hier unter Druck stehen, werden diese als sehr wichtig eingestuft. Aber auch aus Betrieben, die bereits Vereinbarungen zur Standortsicherung abgeschlossen haben, wird dies unterstützt und es gibt Zusagen, aus Solidarität mit den betroffenen Betrieben diese Forderungen mitzutragen. Dass es ohne Kampfmaßnahmen keine Ergebnisse geben wird, ist bewusst.

Ebenfalls findet die Forderung nach mehr Qualifizierungsmöglichkeiten große Unterstützung, insbesondere in höher qualifizierten Beschäftigtengruppen und in den Betrieben, wo technologische Veränderungen anstehen.

Die Forderungen der IG Metall-Jugend nach tariflichen Regelungen zur Verbesserung der Ausbildung und zur Einbeziehung von dual Studierenden in die Tarifverträge werden voll unterstützt. Hier geht es u.a. um verbesserte Fahrkostenregelungen, Wohngeldzuschuss, Lernmittelfreiheit, Übernahme von Studiengebühren und Betreuungsschlüssel für die Lernenden.

In den östlichen Bundesländern ist die Angleichung der Arbeitszeit – die 35-Stundenwoche – ein wichtiges Element. In den westlichen Bundesländern wird dies leider sehr wenig diskutiert.

Der geforderte Mitgliederbonus in Höhe von 300 Euro findet große Zustimmung. Ihn aber an „nachhaltiges Verhalten“ zu koppeln – wie Nahverkehrsticket, Grün-Strom-Verträge, Leasing von E-Bikes u.a. – wird heiß diskutiert. In Automobilfirmen kommt die „ökologische“ Kopplung eher nicht an. Deshalb hat der IGM-Vorstand die Kopplung erweitert um das Thema Altersversorgung für eine nachhaltige Sicherung von Einkommen über das Arbeitsleben hinaus. Dies findet größere Zustimmung, die bürokratischen Hürden sollten aber niedrig sein. Die Mitglieder wünschen sich eine Wertschätzung.

Wie geht es nun weiter?

Die „Moratoriums-Gespräche“ sind bereits angelaufen. Am 20. Februar haben die Tarifkommissionen beschlossen, diese Art von vorgezogenen Verhandlungen über Zukunftspaket und Entgelt zu unterstützen. Bis zum 9. April (vor Ostern) sollen weitere Gespräche stattfinden. Kommt es bis Ostern zu keinem Ergebnis, soll umgeschaltet werden auf den „normalen“ Ablauf einer Tarifrunde, also Forderungsübergabe, verhandlungsbegleitende Aktionen, Warnstreiks etc. Die entsprechenden Tarifverträge (Entgelt, MTV für Auszubildende) werden zum 31. März gekündigt. Am 28. April ist die Friedenspflicht beendet.

Die weitere Entwicklung bleibt spannend. Freiwillig wird das Kapital nichts Substanzielles zugestehen, das lehren alle Erfahrungen. Die Politik des IGM-Vorstandes schürt gefährliche Illusionen in den Klassengegner. Es gilt, wachsam zu bleiben, dass es zu keinem faulen Kompromiss kommt, der auf Jahre die Belegschaften lähmt und zum Spielball des Kapitals macht. Angesichts der Situation in den Metallbetrieben wären Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich dringlich. Diese Forderung spielt immer noch eine viel zu geringe Rolle in den Diskussionen und beim IGM Vorstand gar keine. Anna Groß

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