Die Metall-Tarifrunde nimmt Fahrt auf. Am 11. Februar fanden 2 kämpferische Aktionen in Stuttgart statt – eine vor dem Mercedes-Benz Werk Untertürkheim (Ut) mit ca. 250 Vertrauensleuten und eine in Feuerbach mit rund 500-600 Beschäftigte von mehreren Metallbetrieben. Bei beiden Aktionen wurden die Angriffe der jeweiligen Konzernvorstände auf Arbeitsplätze und betriebliche Standards gut verbunden mit den tariflichen Forderungen der zurzeit laufenden Tarifrunde. Die Aussagen von Südwestmetallchef und Daimler Personalvorstand Winfried Porth in einem Interview, das am gleichen Tag in der Stuttgarter Zeitung erschien, wurde in vielen Reden heftigst angegriffen, insbesondere seine Forderung nach Lohnverzicht, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht ist sowie seine Angriffe auf tarifliche Errungenschaften.
Der Betriebsratsvorsitzende im Mercedes-Benz Werk Ut Michael Häberle verband den Kampf gegen den Arbeitsplatzabbau in Ut mit der Tarifrunde: „Wir hören in beiden Fällen dieselben Argumente: Die Zeiten seien hart, man müsse sparen. Die Arbeitgeber nutzen die Pandemie als billige Ausrede, um tarifliche und betriebliche Standards anzugreifen.“ Für ihn ist es vor allem dem Einsatz der Belegschaft zu verdanken, dass Daimler mit einem überraschend hohen Gewinn aus dem Krisenjahr 2020 hervorgegangen ist.: „Die anderen Vorstandsmitglieder sollten eben auch nicht vergessen, dass ein Teil dieses positiven Ergebnisses daher kommt, dass die Belegschaft auf vieles verzichtet, aber alles gegeben hat am Arbeitsplatz.“ Der Vertrauenskörperleiter Miguel Revilla wies darauf hin, dass es dem Kapital nur um den Profit gehe. Die Schilder der KollegInnen senden deutliche Botschaften: „Wir bleiben hier und Du gehst fort Herr Porth!“ „Porth muss fort“, „4 % sonst? STREIK!“ Kampffähig trotz !!!Corona!!!“ Vertrauensleute aus Sindelfingen unterstützten solidarisch. Der Vertreter des Stuttgarter Krisenbündnisses und stellvertretende Vorsitzender des DGB-Stadtverband Stuttgart, Norbert Heckl, spricht sich in seinem Solidaritätsgruß gegen die Abwälzung der Krisenlasten aus: „Das Krisenbündnis hat sich gegründet, um sich gegen das Abwälzen der Krisenlasten auf die arbeitende und lernende Bevölkerung zu wehren. Die Pandemie hat noch einmal deutlich gemacht, was alles schief läuft in unserem Land. Wir wollen daher auch nicht zum schlechten Zustand „vor Corona“ zurück, sondern Konsequenzen aus der Krise ziehen… Wir stehen an Eurer Seite und wünschen Euch viel Erfolg, denn Eure Auseinandersetzungen sind Teil der Kämpfe gegen das Abwälzen der Krisenlasten.“
Beim Protest der Feuerbacher Betriebe Bosch, Coperion, KBA MetalPrint und Mahle Behr für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze hat sich das Motto „Solidarität gewinnt“ sehr eindrücklich in den Redebeiträgen widergespiegelt. Es war gut, diese Betriebe – alle in direkter Nachbarschaft – zusammenzufassen, sind sie doch alle von Personalabbau und Lohnverzicht bedroht, und geht es doch überall um das Gleiche: Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Beschäftigten. Allein in diesen vier Unternehmen haben die Kapitalisten angekündigt, circa 2000 Menschen in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Kämpferisch zogen die Belegschaften in 3 Demo-Zügen zum Kundgebungsort. „Sie wollen die Krise ausnutzen, um die Leute rauszuschmeißen. Das ist eine Sauerei“, ruft Michael Kocken, der bei der IG Metall Stuttgart zuständig für Kfz-Zulieferer ist und bekommt dafür viel Beifall.
Bei KBA MetalPrint, der auf Blechdruck spezialisierte Standort des Druckmaschinenherstellers Koenig & Bauer, will trotz guter Auftragslage 105 von 320 KollegInnen loswerden. Ihr Transparent „Wer mit uns nicht rechnet, hat sich verrechnet“ hat die kampferfahrene Belegschaft schon bei vielen Kämpfen begleitet. Erfolgreich haben sie in den letzten ca. 20 Jahren mit kreativen Kampfmaßnahmen die oft angekündigte Schließung des Standortes verhindert. Bei Coperion, der direkte Nachbar- und ebenfalls ein Maschinenbaubetrieb, sollen fast 100 der knapp 900 Arbeitsplätze vernichtet werden, trotz ebenfalls sehr guter Geschäftsentwicklung. Bosch Feuerbach will im Maschinenbau bis zu 250 Arbeitsplätze abbauen. Im IT-Bereich soll vieles nach Osteuropa und Indien verlagert werden. Hier sind fast 500 KollegInnen betroffen. Auch in der Produktion befürchtet der Betriebsrat in den kommenden zehn Jahren ein langsames Ausbluten. Mahle Behr, ein Automobilzulieferer, will in Stuttgart über 800 Stellen abbauen, 380 davon bei Mahle Behr in Feuerbach. „Der Abbau ist nur zu einem kleinen Teil auf Produktumstellungen zurückzuführen. Bei einem großen Teil will das Unternehmen Arbeitsplätze schlicht in billigere Länder verlagern… Den Corona-Kapitalismus lassen wir hier nicht zu…Lasst uns vernetzen, lasst uns gemeinsam dagegen stehen”, erklärt Ljiljana Culjak, Betriebsratsvorsitzende von Mahle Behr. Seit August demonstrieren Vertrauensleute jede Woche einmal um das Werksgelände, um gegen die angekündigten Entlassungen zu protestieren.
Ein guter vernetzter Auftakt – sowohl inhaltlich als auch praktisch, eine tolle kämpferische Stimmung. Am 25. Februar ist die 3. Verhandlungsrunde geplant. Da werden verhandlungsbegleitende Aktionen stattfinden mit Schwerpunkt in Stuttgart. Am 1. März eine bundesweite Aktion und ab 2. März – mit Ende der Friedenspflicht – gehen die Warnstreiks los, viele werden auch mit Frühschluss enden. Für die KollegInnen in Homeoffice soll es digitale Warnstreiks geben. Nichts ist mehr zu hören von wegen eines Abschlusses während der Friedenspflicht – da ist wohl die Einsicht gereift, dass das Kapital auf Krawall gebürstet ist und da nur massive solidarische Gegenwehr hilft.