Folgender Antrag zur Kündigung der Schlichtungsvereinbarung im öffentlichen Dienst wurde vom Landesbezirksfachbereichsvorstand A, Berlin-Brandenburg gestellt und von der Bundesfachbereichskonferenz A so beschlossen:
Antrag an den ver.di Bundeskongress
Der Bundeskongress möge beschließen
Antrag zur Kündigung der Schlichtungsvereinbarung im öffentlichen Dienst
Antragssteller: Landesbezirksfachbereichsvorstand A, Berlin-Brandenburg
Die Bundesfachbereichskonferenz A möge beschließen:
Die Bundestarifkommission wird aufgefordert, die am 25. Oktober 2011 getroffene „Vereinbarung über ein Schlichtungsverfahren (Bund, VKA, ver.di)“ gemäß §11 Abs. 2 schnellstmöglich aufzukündigen und keine neue Schlichtungsvereinbarung abzuschließen. Die Schlichtungsvereinbarung ist veraltet, bremst unsere Mitglieder aus, ihren Forderungen auf der Straße Nachdruck zu geben und stärkt unnötig die Positionen der Arbeitgeberseite.
Begründung:
Aufgrund der negativen Erfahrungen mit der Schlichtung hat der ÖTV-Kongress im Oktober 2000 den gHV in einem einstimmigen Beschluss aufgefordert die Schlichtungsvereinbarungen zu kündigen. Der Kongress hatte den Vorstand nicht beauftragt ein neues Schlichtungsabkommen zu schließen.
Entgegen dieser Beschlusslage hat die ver.di Bundestarifkommission direkt vor der Tarifrunde im öffentlichen Dienst 2002 ein neues Schlichtungsabkommen vereinbart. Und wieder wurde durch die Schlichtung das Ergebnis weit unter die ohnehin schon bescheidene Forderung nach unten korrigiert und zusätzlich eine Laufzeit von 27 Monaten und Kompensationen vereinbart. 2011 wurde dann die aktuelle Schlichtungsvereinbarung abgeschlossen.
Alle Kolleg:innen wissen aus eigener Erfahrung, dass der Ergebnis einer Tarifrunde durch die Kampfkraft in den Betrieben und eine konsequente Strategie zur Durchsetzung der Forderungen bestimmt wird. Die Verhandlungen, die Entscheidung über eine Annahme oder Fortsetzung der Auseinandersetzung, Streiks usw. muss in den Händen der Beschäftigten liegen. Eine Schlichtungsvereinbarung, vor allem, wenn sie so restriktiv wie die im öffentlichen Dienst ist, gibt das stärkste Druckmittel, den Arbeitskampf, aus der Hand und unterbindet zudem jegliche Aktionen, die „zu einem Scheitern“ der Schlichtung führen könnten, also auch Aktivitäten außerhalb des Streiks. Teil der Schlichtungsvereinbarung ist auch ein Zwang, sich darauf einzulassen (§2 Abs. 3), sobald eine Seite die Schlichtung anruft. Die Entscheidung, sich auf eine Schlichtung einzulassen, liegt somit nicht einmal bei denen, in deren Interesse die Lohnerhöhung erkämpft werden soll, sondern allein auf Seiten der Arbeitgeberverbände in Bund und Kommunen.
Damit bindet sich unsere Gewerkschaft selbst die Hände, diese wichtige Auseinandersetzung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu führen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sobald ein Schlichterspruch verkündet wird, dieser immer ein Kompromiss zulasten der Kolleg:innen ist, aber der öffentliche Druck zur Annahme dieses Schlichterspruchs enorm wächst. Die Aufnahme des zurecht aufgeworfenen Erzwingungsstreiks nach der Schlichtung wird somit enorm erschwert.
Schlichtung ist und bleibt ein Knebel und kein Hebel. Bei einer Abstimmung über das Schlichtungsergebnis genügt eine Zustimmung von 25 Prozent, während die Mehrheit der Kolleg*innen möglicherweise streikbereit ist, was unter ihnen erneut zu Unmut und Austritten führen kann.
Um sich nicht selbst in eine solche Sackgasse zu manövrieren und den Kolleg:innen alle Freiheit zu lassen, von der Kampfkraft ihrer Gewerkschaft Gebrauch zu machen, sollte die Vereinbarung schnellstmöglich und ersatzlos aufgekündigt werden.