Erste Abschlüsse im Handel – Einzelhandelsverband spielt verrückt

Nachdem es am 29. September in Hessen zu einem ersten Ergebnis in den laufenden Tarifrunden des Einzel-, Groß- und Außenhandels gekommen war, hat der Hauptverband des Einzelhandels, HDE, sich massiv über den Abschluss beschwert und sah die verabredete Strategie missachtet. Die sah vor, dass es je nach Branche, (Textilhandel, Lebensmittelhandel, Onlinehandel etc.) unterschiedliche Regelungen geben sollte bzw. jedes Unternehmen entscheiden könne, ob es einen Abschluss übernehme. Dagegen hatte sich ver.di immer ausgesprochen und auf einen einheitlichen Tarifvertrag gedrängt, dabei aber die Möglichkeit offen gelassen, mit Unternehmen nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung separate Vereinbarungen zu treffen. Sehen wir uns aber erst einmal das Ergebnis in Hessen an:

  • Eine Einkommenserhöhung von 3 % ab 1.8.21 (nach 4 Nullmonaten)
  • Eine weitere Erhöhung von 1,7 % ab 1.4.22
  • Die Ausbildungsvergütungen steigen jeweils um 30 € 2021 und 2022
  • Der Tarifvertrag hat eine Dauer von 24 Montanen

Bis dahin hatten die regionalen Verbände jede Regelung blockiert und empfahlen den Unternehmen, da wo es „möglich“ sei, eine Lohnerhöhung von2 % ab 1.8.21 zu zahlen. Dies ist aber von den meisten Firmen nicht umgesetzt worden, entweder weil sie sowieso nichts zahlen wollten oder weil sie andere, teilweise höhere Erhöhungen, gezahlt haben.

Der Fachbereich Handel war in der diesjährigen Tarifrunde in einer sehr schwierigen Situation. Die Tarifrunde begann im Frühjahr, da die Tarifverträge bereits im März bzw. April vielfach ausgelaufen waren. Zu diesem Zeitpunkt waren noch viele Läden geschlossen und die Belegschaften noch in Kurzarbeit. Erst nach und nach war es möglich, zu Aktionen zu kommen. Die ersten Streiks gab es erst im Frühsommer. Erstaunlich war immerhin, dass es ver.di gelang, auch größere Demonstrationen und Kundgebungen zu organisieren. Dies brachte Schwung in die Tarifrunden, die vielfach gemeinsam von Einzelhandels- und Großhandelsbeschäftigten getragen wurden. Nachdem im Sommer klar wurde, dass der Einzelhandelsverband kein Entgegenkommen zeigte, wurden die Streiks vielfältiger und es beteiligten sich auch Belegschaften, die noch nie gestreikt hatten.

Vorgesehen war ursprünglich, dass es in NRW einen „Pilotabschluss“ geben sollte. Dies war sowohl von ver.di, wie auch vom HDE so vorgesehen. Das aber nun in Hessen der erste Abschluss erfolgte, hat mit dem Vorpreschen der Lebensmittelkonzerne (Rewe, Edeka, Lidl etc.) zu tun. Sie haben in den letzten Jahren, aufgrund der Pandemie, hervorragende Geschäfte gemacht und wollten die Tarifrunde beenden. Damit ist die Strategie des HDE gescheitert und er muss jetzt sehen, wie er damit umgeht. Für ver.di ist dieser Abschluss ein Erfolg, auch wenn er die Preissteigerungsrate wohl kaum ausgleichen kann. Immerhin konnte das Diktat des HDE inzwischen auch in der östlichen Region Thüringen, Sachsen, Sachsen Anhalt und im Großhandel in Bayern gebrochen werden.

6.10.21  Helmut Born

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