Für wirkliche Wahlfreiheit und Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverzicht!

Da die Arbeitszeit eines der großen Themen unter den Beschäftigten verschiedener Branchen ist, dokumentieren wir hier einen kritischen Beschluss aus der Gewerkschaft ver.di zu einer Umfrage unter Kolleg*innen des öffentlichen Dienstes zur Frage, ob sie für eine Arbeitszeitverkürzung auf Lohn verzichten würden.

Beschluss des Fachbereiches 3 Nordhessen zur aktuell laufenden Arbeitszeitumfrage der Gewerkschaft ver.di im öffentlichen Dienst:

Für Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverzicht und mit Personalausgleich!

Die Gewerkschaft ver.di führt bis zum 30. Juni eine Umfrage unter Beschäftigten des öffentlichen Diensts bei Bund und Kommune zur Arbeitszeit durch. An dieser können sich aber auch Kolleg*innen aus anderen Bereichen beteiligen und in weiteren Betrieben wie der Bundesdruckerei gibt es ähnliche Fragebögen. In der Fragestellung zu Beginn wird der Eindruck erweckt, es ginge um eine Abfrage, ob es um mehr Lohn, weniger Arbeitszeit oder eine Kombination ginge. Doch weit gefehlt: Wir können nur ankreuzen, ob wir für weniger Arbeitszeit auf unsere Lohnerhöhung verzichten wollen und wie wichtig uns dieser „Handel“ ist. Dabei steht die Überschrift der Pressemitteilung schon von vornherein fest: „X Prozent der Befragten wollen für kürzere Arbeitszeit auf Lohn verzichten.“

Musik in den Ohren der Chefetagen!

Das reiht sich darin ein, dass in vielen Lohnrunden- und Tarifabschlüssen diese „Wahlmöglichkeit“ gefordert und festgeschrieben wird. Als Vorreiterin wird dabei auf einen Musterabschluss der EVG verwiesen, die das als erste DGB-Gewerkschaft aufgebracht hat. Letztendlich ist der Tausch Lohn gegen Arbeitszeit nichts als ein vorauseilendes Kompromissangebot. Bei vielen Kolleg*innen regt sich Umnut über die Möglichkeit, sich selbst kürzere Arbeitszeiten zu erkaufen.

Von Seiten der ver.di-Bundesbene wird ein schlechtes Tarifergebnis dann entweder damit begründet, dass die Beschäftigten lieber auf Lohn verzichten, um kürzer zu arbeiten, oder dass ihnen Lohn wichtiger sei als Freizeit. Damit wird die wichtige Debatte um eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich und deren Erkämpfung durch die Gewerkschaft auf‘s Abstellgleis geführt. Die Zahl der überlastungsbedingten Krankschreibungen steigt derweil in jedem Jahr (von 2012 bis 2016 um mehr als die Hälfte).

In der Vergangenheit wurden immer wieder Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung mit Lohn- und Personalausgleich im Vorlauf zu Tarifrunden diskutiert und die ver.di-Spitze kündigte an, sich dem Thema offensiv anzunehmen. Dabei war bis zur Veröffentlichung der Umfrage allen Beschäftigten und sogar den meisten Hauptamtlichen unklar, was der Inhalt sein wird. Die Einseitigkeit der Fragestellung tritt die Not der Kolleg*innen mit den Füßen.

Wir fordern eine echte Wahlfreiheit!

Wir fordern:

1. Diese einseitige Umfrage darf nicht die Grundlage für entsprechende Forderungen bei kommenden Tarifrunden sein!

2. Eine Mitgliederbefragung, die wirkliche Wahlmöglichkeiten beinhaltet: kürzere Arbeitszeiten, Lohnausgleich und Personalausgleich.

3. Eine Beteiligung der ehrenamtlichen Gremien auf lokaler und regionaler Ebene bei der Erstellung von Mitgliederbefragungen.

4. Die Auswertung der Umfrage und Verwendung der Ergebnisse muss mit einer Diskussion darüber und Entscheidungen in Betriebsgruppen und Fachbereichsstrukturen erfolgen.

In den Mitgliederbefragungen muss sich die Lebensrealität der Kolleg*innen widerspiegeln. Eine breit angelegte Kampagne für eine Verkürzung der Arbeitswoche auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich, wie sie von Landesbezirksfachbereichkonferenz 8 Berlin-Brandenburg beim kommenden Bundeskongress beantragt wird, kann dabei ein erster Schritt in diese Richtung sein.

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Wir bitten darum, diese Stellungnahme an den Landesfachbereichsvorstand 03 Hessen und die Bundestarifkommission von ver.di zur weiteren Diskussion zu leiten.

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