Gewerkschafter kritisieren Moratorium der IGM
Am 25./26. Januar fand in Frankfurt die Strategiekonferenz 2020 der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) statt. Ca. 20 Organisationen wie die Gewerkschaftslinken, Labournet, Express, Didf u.a. hatten sich im Frühjahr 2019 darauf verständigt, eine gemeinsame Konferenz durchzuführen, um eine engere Vernetzung aktiver und kämpferischer KollegInnen und gewerkschaftlich Aktiven zu erreichen. Ziel war, über Strategien zu diskutieren, wie wir gemeinsam den Kurs der Gewerkschaften hin zu einer kämpferischen Gewerkschaftspolitik befördern können.
Über 150 Aktive aus zahlreichen gewerkschaftlichen (IGM, verdi, EVG, GEW, IG BCE…) und betrieblichen (Metallbetriebe, Krankenhäuser, Verkehrsbetriebe, Öffentlicher Dienst, Bildungseinrichtungen….) Zusammenhängen und eine Vielzahl von Organisationen nutzten die Konferenz, um sich zu vernetzen. Schon allein die Teilnehmerzahl ist ein großer Sprung nach vorne, aber auch die Vielfalt der Akteure und die Durchmischung der Generationen. Die Konferenz spiegelte wieder, dass der Bedarf groß ist, sich für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik zu vernetzen. Die Diskussionen sind alle sehr solidarisch geführt worden. In vielen Arbeitsgruppen hat sich ein großes Bedürfnis widergespiegelt, über die diskutierten Themen im Austausch zu bleiben und dazu gemeinsam in Aktion zu treten.
Bei unserem Branchentreff Metall diskutierten wir mit ca. 40 Aktiven über die anstehende Tarifrunde. Sie wurde sehr kritisch beleuchtet und klare Standpunkte erarbeitet. Im “Moratorium für einen fairen Wandel” der IG Metall zur Tarifrunde heißt es u.a.: „Die IG Metall fordert die Arbeitgeber deshalb auf, sich ihrer Verantwortung für die Industrie und die Zukunft der Beschäftigten zu stellen – und macht ihnen folgendes Angebot: IG Metall und Arbeitgeber treten jetzt unmittelbar… in allen Regionen in Verhandlungen über ein Zukunftspaket ein. … Ziel ist es, vor Ende der Friedenspflicht zu Ergebnissen für ein Zukunftspaket und im Entgelt zu kommen.“
Wir haben in unserer Erklärung zu diesem Moratorium klar und deutlich unsere Ablehnung erklärt. Es bedeutet, die Diskussion in den Betrieben und Tarifkommissionen praktisch abzuwürgen und damit die Mitgliedschaft zu übergehen, was wir für sehr undemokratisch halten. Wir gehen ohne diskutierte und konkrete Forderungen in die Verhandlungen, was äußerst gefährlich ist. Außerdem werden Illusionen geschürrt, wir könnten im Einvernehmen mit dem Kapital Arbeitsplätze sichern. Dies widerspricht allen Erfahrungen, die die KollegInnen seit Jahr und Tag machen. In einem kapitalistischen System existieren Klassengegensätze. Sie zu ignorieren, und ohne Kampfmaßnahmen noch in der Friedenspflicht einen Abschluss erzielen zu wollen, wird bedeuten, dass nichts Substantielles durchgesetzt werden kann. Es kann keinen “Fairen Wandel” im Einklang mit den Kapitalisten geben. Dieser Illusion des “fairen Wandels” treten wir in unserer Erklärung entgegen. Wenn wir dem Kapital was abtrotzen wollen, geht dies nur durch Kämpfe. Deshalb rufen wir die Vertrauensleute dazu auf, entsprechende Resolutionen gegen dieses Moratorium zu verabschieden, um den Gewerkschaftsvorständen Dampf zu machen.
In der Diskussion wurde außerdem eingeschätzt, dass die Zukunftsverträge meist nicht wirklich sichern, sondern oft genug Verzichtsverträge sind. Die Ausrichtung auf diese spaltet die Tarifbewegung. Denn etliche Betriebe haben schon welche, da sagen die Kollegen, sie wollen nicht 2mal bezahlen, andere sind gerade beim Aushandeln und die ganz Schwachen werden auch mit Tarifvertrag keine nützliche Regelung hinbekommen. Auch über „die Nutzung von Arbeitszeitkonten, Kurzarbeit mit Aufzahlung und Arbeitszeitabsenkung mit Teillohnausgleich“ (Moratorium) sichern wir keine Arbeitsplätze. Wir waren uns auf der Konferenz einig, dass nur der Kampf für eine Arbeitszeitverkürzung für alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich in großen Schritten Arbeitsplätze sichert und wir eine Umstellung der Produktion auf klimaverträgliche Produkte dringend brauchen. Beides wird nur durch eine gesellschaftliche Kampagne und breite Mobilisierung aller Kräfte durchgesetzt werden können.
Christa Hourani
Die Autorin ist eine der 3 Sprecherinnen des KoKreises der Vernetzung
Das Flugblatt der VKG zur Tarifrunde findet Ihr hier: https://www.vernetzung.org/metall-betteln-statt-tarifkampf-nein-danke/