Antragsteller:in: xy
Weiterleitung an: xy
Gremium xy möge beschließen:
Der Bundesvorstand und die Bundestarifkommission des öffentlichen Dienstes werden aufgefordert, die am 25. Oktober 2011 getroffene „Vereinbarung über ein Schlichtungsverfahren (Bund, VKA, ver.di)“ gemäß § 11 Abs.2 zum nächstmöglichen Termin aufzukündigen und keine neue Schlichtungsvereinbarung abzuschließen.
Begründung:
Trotz mehrerer Anträge und Beschlüsse in ver.di Gremien während der Tarifrunde des öffentlichen Dienstes 2023 zur sofortigen Aufkündigung der oben genannten Schlichtungsvereinbarung vom 25.10.2011 ist die Bundestarifkommission diesem Ansinnen nicht nachgekommen.
Das Ablaufen der Tarifrunde im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen hat einmal mehr gezeigt, dass die öffentlichen Arbeit“geber“ von Bund und Kommunen mit Hilfe dieser Schlichtungsvereinbarung nach der gescheiterten dritten Verhandlungsrunde die Ausweitung des Kampfes zur Durchsetzung der Forderungen in dieser Tarifrunde verhindern konnten. Nachdem die öffentlichen Arbeit“geber“ die Schlichtung angerufen hatten, musste sich ver.di daran halten – so legt es § 2, Abs.3 der Vereinbarung fest. D.h. die Entscheidung, sich auf eine Schlichtung einzulassen, liegt somit nicht mehr bei denen, in deren Interesse die Lohnerhöhung erkämpft werden soll, sondern allein auf Seiten der Arbeitgeberverbände in Bund und Kommunen. Damit wurde die Möglichkeit der Einleitung einer Urabstimmung für einen unbefristeten Streik durch ver.di über dieses Schlichtungsverfahren verhindert. Es wurde damit am Verhandlungstisch ein schlechter Kompromiss – oder wie Frank Werneke es ausdrückte: mit diesem Kompromiss „sind wir an die Schmerzgrenze gegangen“ (PM vom 22.04.23) – für die Kolleg:innen ausgehandelt. Und das in einer Tarifrunde, in der die Streikbereitschaft so hoch war wie seit Jahrzehnten nicht mehr: bis zur dritten Tarifrunde haben sich ca. 500.000 Kolleg:innen an den zahlreichen Warnstreiks beteiligt. Das sind mehr als beim letzten großen ÖTV Streik von 1992 mit 330.000 Streikenden! Dies betonte Frank Werneke auch in einer Videokonferenz der Tarifbotschafter:innen. Ein besseres Ergebnis mit Hilfe von Durchsetzungsstreiks wäre durchaus möglich gewesen. Nicht zuletzt haben die Kolleg:innen durch die wochenlangen Durchsetzungsstreiks während der beiden Krankenhausbewegungen in Berlin (2021) und NRW (2022), den Klinikleitungen Tarifverträge zur Entlastung abringen können. Eine solche Chance dürfen wir uns als Gewerkschaft in Zukunft nicht mehr durch diese Schlichtungsvereinbarung aus der Hand nehmen lassen!
Auch die Mitgliederbefragung über die Schlichtungsempfehlung, an der sich nur ca. 27 % der organisierten Kolleg:innen überhaupt beteiligt haben, mit einer schlechten Zustimmung von 66 % zeigt, dass es eine große Unzufriedenheit mit dem Ergebnis gab.
Alle Kolleg:innen wissen aus eigener Erfahrung, dass das Ergebnis einer Tarifrunde durch die Kampfkraft in den Betrieben und eine konsequente Strategie zur Durchsetzung der Forderungen bestimmt wird. Die Verhandlungen, die Entscheidung über eine Annahme oder Fortsetzung der Auseinandersetzung, Streiks usw. muss in den Händen der Beschäftigten liegen.
Diese Tarifrunde hat noch einmal deutlich gezeigt, dass von dieser Schlichtungsvereinbarung einzig und allein die Arbeitgeberseite profitiert: Durch das wochenlange Schlichtungsverfahren, während dem Friedenspflicht besteht, schwindet die Mobilisierungskraft. Gleichzeitig wächst der öffentliche Druck – sobald ein Schlichterspruch verkündet wird – zur Annahme dessen enorm. Die Aufnahme des Erzwingungsstreiks nach der Schlichtung und damit die Chance, ein besseres Ergebnis durchzusetzen, wird somit enorm erschwert und letztendlich verhindert.
Schlichtung ist und bleibt ein Knebel und kein Hebel. Um sich nicht selbst in eine solche Sackgasse zu manövrieren und den Kolleg:innen alle Freiheit zu lassen, von der Kampfkraft ihrer Gewerkschaft Gebrauch zu machen, sollte die Vereinbarung schnellstmöglich und ersatzlos aufgekündigt werden.