Tarifrunde Metall/Elektro: Reallohnsenkungen stoppen!

Die Tarifkommissionen haben für die nächste Tarifrunde Metall/Elektro am 21. Juni und der IGM-Vorstand am 9. Juli als Forderung eine tabellenwirksame Entgelterhöhung von 7 % bei einer Laufzeit von 12 Monaten sowie 170 Euro mehr für Auszubildende und dual Studierende beschlossen. Ebenso soll es eine soziale Komponente geben, die allerdings nicht benannt wird.

 

7 Prozent-Forderung kann Reallohnsenkung nicht stoppen

Wenn wir die Tariferhöhungen der vergangenen Jahre anschauen, gab es seit 2018 gerademal 12,8 % tabellenwirksame Erhöhungen. Die offizielle Inflation summiert sich aber in dieser Zeit auf ca. 24 %. Also fast doppelt so hoch, wie die Lohnsteigerungen. Die aktuelle Inflation von 2,4 % liegt im Vergleich zu den Vorjahren zwar deutlich niedriger. Aber auch aktuell ist es so, dass die Preise weiter steigen, nur nicht mehr so schnell – dafür allerdings von einem deutlich höheren Preisniveau aus. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung (HBS) hat ermittelt: Die Reallöhne der Tarifbeschäftigten sind bundesweit infolge der mehrjährigen Teuerungswelle auf den Stand von 2016 zurückgefallen.

Bei der Befragung, die die IGM im Frühjahr durchgeführt hat, war die klare Aussage der Befragten, dass die Kaufkraft wieder gestärkt werden muss. In der Befragung, an der 318. 000 Beschäftigten (zu zwei Dritteln Mitglieder) teilgenommen haben, sprachen sich nur 10 % für bis zu 4 % mehr Lohn aus, 26 % plädierten für vier bis sechs Prozent, 30 % für 6 bis 8 % und 34 % für mehr als 8 %. Wieso dann nur 7 % gefordert werden, ist nicht nachvollziehbar.

Nach den vielen Jahren von Reallohnverlusten sind 7 % viel zu niedrig, um die Kaufkraft zu stärken, insbesondere für die unteren Entgeltgruppen, die in den letzten Jahren die höchsten Verluste hatten. Es gibt zwar Aussagen, dass eine soziale Komponente in die Forderung einfließen soll, benannt wird sie aber nicht. Sinnvoll sind da immer Mindestbetrags- oder Festgeldforderungen. Dazu gab es in der Befragung leider keine Möglichkeit zum Ankreuzen. Das ist wohl vom IGM-Vorstand nicht erwünscht. Eine Forderung in Höhe von 500 bis 650 Euro, wie in anderen Branchen vorgemacht, wäre auch im Metall/Elektrobereich notwendig.

Die vom Vorstand so hoch gelobte Inflationsausgleichsprämie ist schon lange aufgebraucht, hatte keine Auswirkungen auf die Tabelle, war also auch nicht nachhaltig, sondern war nur ein einmaliger Effekt im Jahr der Auszahlung. Sie war wie „süßes Gift“, eine Mogelpackung und diente dazu, die tabellenwirksamen Erhöhungen niedrig zu halten. Sie führte zu flächendeckenden Reallohnverlusten.

siehe dazu: https://vernetzung.org/die-bilanz-der-grossen-tarifrunden/

 

Arbeitszeitverkürzungen sind angesichts des Personalabbaus in der Branche notwendig

Angesichts des massiven Personalabbaus in dieser Branche sind Arbeitszeitverkürzungen mehr als dringlich. Leider wurde dies in der Befragung nicht abgefragt – es wurde nur die Wahlmöglichkeiten zwischen Zeit und Geld abgefragt. Da wünschen sich fast 80 % der Befragten mehr individuelle Wahlmöglichkeiten, um beispielsweise Familie und Beruf besser zu vereinbaren oder um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Auch die Souveränität und Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit ist den Beschäftigten wichtig. So geben nahezu 85 % an, dass das Thema große Bedeutung für sie hat. Aber: Die Erfahrung lehrt, dass bei Wahlmöglichkeiten die Absenkung der Arbeitszeit oder mehr freie Tage aus der eigenen Tasche bezahlt werden! Zum anderen spalten individuelle Wahlmodelle zwischen Zeit und Geld die Belegschaften, denn die Ausgangsbedingungen sind für kommende Kämpfe ungleich. Unser Ziel muss nach wie vor eine kollektive Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und ggfs. Personalausgleich sein. Nur damit kann dem Arbeitsplatzabbau und dem Arbeitsdruck wirkungsvoll begegnet und eine Zukunftsperspektive für die Arbeitsplätze in Deutschland entwickelt werden. Dies lehren uns die Erfahrungen aus dem Kampf 1984 für die 35-Stundenwoche. Die Zugangsvoraussetzungen für die tarifliche Freistellungszeit (T-ZUG) zu erweitern ist zwar sinnvoll, aber keine Alternative zu Arbeitszeitverkürzungen für alle.

Ohne kämpferische Aktionen und Streiks werden die Reallöhne nicht gesichert

Trotz unserer Kritik ist klar: Die Forderung wurde erhoben und muss voll durchgesetzt werden und zwar ohne Abstriche. 12 Monate Laufzeit – und keinen Monat mehr! Leider gibt es seit vielen Jahren andere Tendenzen – 2 bis 3 Jahre Laufzeit – das geht bei dieser Forderung gar nicht. Die Metallkapitalisten haben sich schon in Stellung gebracht: Harald Marquardt von Südwestmetall sagt, selbst eine Forderung von Null Prozent sei zu hoch. Mit anderen Worten, Lohnkürzungen wären ihm am liebsten. Damit ein guter Abschluss durchgesetzt werden kann und der Trend der Reallohnsenkungen umgekehrt wird, braucht es Druck von der Basis, gute Mobilisierung, geschlossenes Auftreten und kämpferische Streiks. Zu oft hat der IGM-Vorstand Tarifrunden zu früh abgepfiffen und damit das Ergebnis verschlechtert. Das darf nicht wieder passieren. In der letzten Tarifrunde war bereits eine deutlich spürbare höhere Beteiligung von KollegInnen (fast 1 Million) erkennbar und es herrschte eine kämpferischere Stimmung. Daran muss angeknüpft werden.

Auf keinen Fall darf sich die Gewerkschaftsbewegung dem Kriegskurs der Regierenden unterordnen. Das wäre mit Verzicht verbunden, Verzicht auf höhere Löhne, auf soziale Errungenschaften, um die Aufrüstung zu bezahlen. Verzicht auf gewerkschaftliche Rechte, auf Streikrecht, um den Kriegskurs durchzusetzen. Wir sagen: Waffen runter, Löhne rauf! Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit!

Flyer zum Herunterladen:

Statement VKG TR Metall Elektro 2024

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