Vorschlag für einen Musterantrag für Ver.di-Gremien |
Wir begrüßen die Ankündigung von Frank Werneke einer Kampagne von ver.di gegen eine weitere Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes durch die Bundesregierung. Es geht um nicht weniger als die Verteidigung der Errungenschaften aus mehr als 100 Jahren Arbeiter*innenbewegung. Es muss klar sein, dass eine solche Kampagne zunächst Aufklärung und Diskussion in den Betrieben erfordert, sowie Aktionen, Protesten, Demonstrationen – wenn nötig bis hin zu Arbeitsniederlegungen.
Eine solche Kampagne sollte beinhalten:
– Einberufung einer bundesweiten Sonderkonferenz für betrieblich Aktive (Vertrauensleute, interessierte aktive Mitglieder)
– Versammlungen und Konferenzen auf Bezirks- und Landesebene
– Schulungen für Vertrauensleute und interessierte Mitglieder zum Thema Arbeitszeit
– Erstellung von umfassenden Materialien mit Hintergrundwissen
– Kampagnenmaterial für Betriebe: Sticker, Plakate, Anstecker sowie sharepics, videos auf social media
– Informations- und Diskussionsveranstaltungen in allen Betrieben, um darüber aufzuklären, warum die Pläne keine Verbesserung, sondern eine drastische Verschlechterung für alle Lohnabhängigen bedeuten und verteidigt werden müssen.
– Vorbereitung eines Aktionstages mit flächendeckenden betrieblichen Protesten; gefolgt von Demonstrationen in allen Bundesländern, gefolgt von einer bundesweiten Großdemonstration.
– Wenn nötig, Aufruf zu Arbeitsniederlegungen gegen die Gesetzesänderung, so wie sie es u.a. 2007 gegen die Änderung des Renteneintrittsalters gab, aber mit mehr Beteiligten
Ver.di sollte auf die anderen DGB-Gewerkschaften zugehen, damit diese ähnliche Schritte einleiten, und um die Kampagne gemeinsam zu koordinieren.
Begründung:
Der Angriff auf das Arbeitszeitgesetz wäre der größte erste Angriff auf die Arbeiter*innenklasse seit Einführung der Agenda 2010. Es ist ein Angriff auf hart erkämpfte Rechte der Arbeiter*innenbewegung von vor mehr als hundert Jahren. Es wäre ein massiver Einschnitt, der im Gesamten nicht nur zu einer weiteren Flexibilisierung zugunsten der Kapital- und Arbeitgeberseite und zulasten der abhängig Beschäftigten führen würde. Es würde auch genutzt, um die Arbeitszeiten insgesamt wieder zu verlängern.
Das Gegenteil muss gefordert werden. Es braucht in Anbetracht von massivem Stellenabbau in vielen Teilen der Industrie eine drastische Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Dasselbe gilt für die Berufe im öffentlichen Dienst und anderen, in denen die Beschäftigten schon jetzt nicht mehr wissen, wie sie den Arbeitstag physisch und/oder psychisch gesund überstehen sollen.
Es ist auch nötig, in den Betrieben Aufklärung zu betreiben. Denn zum einen betreibt die Regierung eine unehrliche Propaganda, mit der sie dreist behaupten, sie wollten endlich eine Viertage-Woche (mit jeweils 10 Stunden am Tag) einführen. Es ist richtig, dass die DGB-Webseite darüber aufklärt, dass solche Verträge bereits jetzt möglich sind (siehe auch https://www.dgb.de/gute-arbeit/arbeitszeit/#c23298). Doch wir müssen weiter gehen: Die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche ist unsere und natürlich mit dem Kampf für eine drastische Verkürzung der Arbeitszeiten bei vollem Lohn- und Personalausgleich verbunden.
In der aktuellen Debatte wird so getan, als ob die Wirtschaft leide, weil zu wenig gearbeitet würde. Welch eine Farce, in Anbetracht von 1,3 Milliarden Überstunden im Jahr 2023, von denen nicht einmal die Hälfte bezahlt wurden! Die Gewerkschaften müssen klar und deutlich sagen: alle arbeitenden Menschen haben nicht nur ein Anrecht auf Ruhezeiten, in denen sie außer Schlafen und Mahlzeiten auch noch Sorgearbeit oder ihren Haushalt unterbringen. Genauso haben sie ein Recht auf Freizeit für Freunde, Familie und Hobbies und außerdem dafür dass sie sich am politisch-gesellschaftlichen Leben beteiligen können!
Aufgrund schlechter Löhne sagen leider aktuell auch viele Beschäftigte, dass sie froh sind, wenn sie durch längere Arbeitszeiten mehr Geld verdienen können. Auch darauf gibt es natürlich eine klare Antwort! Auch hier müssen die Gewerkschaften klar machen, dass sie den Kampf für höhere Löhne, geringere Arbeitszeiten und dadurch auch bessere Arbeitsbedingungen aufnehmen.
Auch der Kampf für die 35-Stunden-Woche in den 1980iger Jahren hat viele Vordiskussionen in den Gewerkschaften gebraucht. Erst mussten Mehrheiten auf gewerkschaftlichen Konferenzen (auch gegen die Vorstände) gewonnen werden, und dann auch in den Betrieben, bis eine Streikfähigkeit erreicht wurde. Diese gewerkschaftliche Arbeit muss jetzt geleistet werden, wenn wir nicht zulassen wollen, dass diese Bundesregierung ihren Angriff auf die Rechte der Arbeiter*innenklasse durchsetzen kann. Weitere Angriffe liegen in den Schubladen der Merz-Klingbeil-Regierung. Alle Kräfte müssen angestrengt werden, um eine strategische Niederlage für die arbeitende Bevölkerung und die Gewerkschaftsbewegung zu verhindern.
Eine solche Kampagne würde den Nutzen und die Ziele der Gewerkschaften wieder ins Bewusstsein auf breiter Ebene ins Bewusstsein bringen und es wäre möglich, auf dieser Basis in den Betrieben neue Aktive aufzubauen sowie Mitglieder zu gewinnen.