Gesamtmetallchef Stefan Wolf will Nullrunde

In einem Interview mit der Zeitung „Welt am Sonntag“ hat Gesamtmetallchef Stefan Wolf für die Metall- und Elektroindustrie eine Nullrunde gefordert. Die „Gasmangellage“ falle zeitlich genau in die Tarifrunde. „Dann wird es nicht möglich sein, die Firmen der Metall- und Elektro-Industrie mit Lohnerhöhungen weiter zu belasten.“ Die hohe Inflation müssten die Mitarbeiter ohne Lohnerhöhung kompensieren. Außerdem müsse man eine weiter steigende Inflation durch eine Lohn-Preis-Spirale verhindern. „Die Forderung fällt völlig aus der Zeit und zeugt von einer gewissen Weltfremdheit“, sagte er. Das Lohnniveau in der Metall- und Elektroindustrie sei schon extrem hoch. „Das kann halt nicht immer noch weiterwachsen – schon gar nicht in dieser Lage“, so Wolf.

Dass die Kapitalseite vor jeder anstehenden Lohnrunde aufheult, jammert und zu Verzicht aufruft, ist nicht neu. Das gehört zu ihrem Geschäft. Aber die Schärfe und Dreistigkeit nimmt zu. Angesichts von ca. 8 Prozent Inflation und 4 ½ Jahren ohne tabellenwirksame Erhöhung bedeutet dies eine gewaltige Absenkung des Lebensstandards für die KollegInnen. Auch die vergangenen Jahre gab es schon heftige Reallohnverluste. Das „extrem hohe Lohnniveau“, wie es Stefan Wolf bezeichnet, wird seit Jahren angefressen. Die Einmalzahlungen der letzten Tarifabschlüsse verhinderten keine Reallohneinbußen, denn die nächste Tariflohnsteigerung setzen auf dem Lohnniveau auf, das vor der Einmalzahlung erreicht wurde. Diese war im April 2018.

Die angeblich drohende Lohn-Preis-Spirale ist ein immer wieder aus der Mottenkiste hervorgeholtes Schreckgespenst. Denn von der Lohnentwicklung kann überhaupt kein Preisdruck ausgehen, wenn seit
4 ½ Jahren die Tabellen nicht erhöht wurden. Außerdem ist der Begriff der Lohn-Preis-Spirale irreführend. Einen Automatismus zwischen steigenden Löhnen und Preisen gibt es nicht. Für die Preise ist allein die Kapitalseite verantwortlich. Wenn Löhne und somit Arbeitskosten steigen, erhöhen einige Firmen ihre Preise – vorausgesetzt der Wettbewerb lässt das zu. Sie wollen verhindern, dass ihre Profite schrumpfen.

Die Nettogewinne der DAX-40-Konzerne werden dieses Jahr auf ca. 130 Milliarden Euro geschätzt. Das wäre der höchste Profit in der Wirtschaftsgeschichte der Republik. Diese Krisengewinne heizen die Inflation an. Auch die Europäische Zentralbank hat steigende Firmengewinne als wichtigsten Preistreiber entlarvt. Eine Gewinninflation – also eine Gewinn-Preis-Spirale – verteuert das Leben und nicht – wie Wolf und andere behaupten – steigende Löhne.

Selten war es auch so unbestritten, dass es politische Entscheidungen waren, die die Inflation befeuert haben: nämlich Boykott, Sanktionen, Waffenlieferungen und Aufrüstung, sowie schamlose Preis-erhöhungen bestimmter Unternehmen, die besonders hohe Gewinne abgreifen. Wir sind für diese Entscheidungen nicht verantwortlich!

Wir als VKG hatten uns im Frühjahr für eine Festgeldforderung zwischen 350 und 400 Euro eingesetzt. Die Tarifkommission und der IG Metall-Vorstand beschlossen acht Prozent Lohnerhöhung, auch wenn es einzelne wesentlich höhere Forderungen aus Betrieben gab. Angesichts weiter steigender Preise, der gerade beschlossenen Gasumlage und völlig unzureichender Entlastungsmaßnahmen, bleibt diese Forderung unter dem, was nötig wäre. Landet man im Ergebnis unter der Forderung, bedeutet das sicher Reallohnverlust, aber selbst mit den acht Prozent ist eine Reallohnsteigerung nicht gegeben. Daher sollte in der IG Metall darüber diskutiert werden, diese Forderung entsprechend der aktuellen Situation nochmal zu erhöhen. Da wir nicht wissen, wie sich die Inflation entwickelt, müssen nach unserer Ansicht die Gewerkschaften den Kampf für eine automatische Anpassung der Entgelte an die Preissteigerungen (gleitende Lohnskala) aufnehmen.

Außerdem wird deutlich: eine harte Tarifauseinandersetzung kündigt sich an. Es muss diesmal um‘s Ganze gehen. Das bedeutet, dass Warnstreiks diesmal nicht ausreichen werden. Überall müssen jetzt schon Diskussionen laufen, um sich nach gescheiterten Verhandlungen auf eine Urabstimmung und Vollstreik in der gesamten Metall- und Elektroindustrie vorzubereiten. Zudem ist es nötig, dass die DGB-Gewerkschaften Tarifrunden synchronisieren und zusätzlich DGB-weite Demonstrationen gegen das Abladen der Krise auf die arbeitende Bevölkerung organisieren. Die Metall-Tarifrunde muss als Teil eines heißen Herbstes kämpferisch geführt werden und die Vorbereitungen dafür müssen jetzt stattfinden.

Flyer zum Herunterladen:

https://vernetzung.org/wp-content/uploads/2022/08/Gesamtmetallchef-Stefan-Wolf-will-Nullrunde.pdf

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