Bericht über die Kundgebung „Profite pflegen keine Menschen“ in der Dachauer Altstadt

am Di., 15.6. anlässlich der am Mi., 16.6. stattfindenden Gesundheitsminister*innenkonferenz:

Am Dienstag-Nachmittag versammelten sich ca. 30 Kolleg*innen und Passant*innen in der Dachauer Altstadt zu der Kundgebung „Profite pflegen keine Menschen“, zu der das Bündnis Systemrelevant & Ungeduldig – Bündnis gegen Privatisierung und für mehr Personal im Krankenhaus – Dachau und die Unabhängige Betriebsgruppe am Helios Amper Klinikum Dachau aufgerufen hatten.

Anlass war die jährlich stattfindende Gesundheitsminister*innenkonferenz, die diesmal am darauf folgenden Tag unter dem Vorsitz des bayerischen Gesundheitsministers Holetschek stattfand.

In fünf Beiträgen machten unterschiedliche Redner*innen auf die Situation in den Krankenhäusern und insbesondere am Amper Klinikum, das ja zu einem der größten deutschen privaten Klinikkonzernen gehört – dem Helios Konzern – aufmerksam.

Eine Kollege der Unabhängigen Betriebsgruppe am Amper Klinikum, der selbst Krankenpfleger ist, schilderte eindrücklich, wie die Klinikleitung die Pandemie dazu nutzte, das Klinikum umzustrukturieren, um noch mehr PatientInnen mit der gleichen oder auch teilweise geringeren Anzahl von Kolleg*innen behandeln zu können, um noch mehr Profit aus dem Krankenhaus herausziehen zu können. Keine Ausnahme ist es mittlerweile, dass in bestimmten Stationen eine examinierte Pflegekraft für bis zu 45 PatientInnen verantwortlich ist, so wird Pflege zu einem Gesundheitsrisiko für die PatientInnen. Ganz zu schweigen, was das für die betroffene Pflegekraft bedeutet. Eine Kollegin schilderte in einem schriftlichen Bericht, der verlesen wurde, wie sie die Situation derzeit erlebt und damit umgeht. Entsprechende Gefährdungsanzeigen liegen der Klinikgeschäftsführung regelmäßig und teilweise täglich vor. Auch auf Einschüchterungsversuche von Seiten der Klinikleitung gegenüber Kolleg*innen, die sich mit diesen Zustände nicht zufrieden geben wollen, wurde aufmerksam gemacht: So wurden einem Kollegen, der im Klinikum Flyer für die Kundgebung verteilte, ein Schreiben ins Fach gelegt, in dem er darauf hingewiesen wurde, dass Verleumdung eine Straftat sei.

Ein Grußwort der Nürnberger Kolleg*innen aus dem outgesourcten Serviceunternehmen (KNSG) des kommunalen Klinikums in Nürnberg, die sich gerade im Kampf für die Anerkennung des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes (TVöD) bei KNSG befinden, kam bei den Kolleg*innen und Passant*innen gut an. Schilderten sie doch in kämpferischen Worten wie sie sich mit Warnstreiks, und Aktionen dafür einsetzen, dass sie zu den gleichen Bedingungen arbeiten wollen wie ihre Kolleg*innen im Klinikum, das noch tarifgebunden ist und dass bundesweite gemeinsame Aktionen nötig sind, damit überall die gleichen Arbeitsbedingungen gelten! Ein Beispiel, das auch für die outgesourcten Kolleg*innen der Amper Kliniken Dachau von äußerstem Interesse sein dürfte. Einen Anfang machten die Kolleg*innen des Hol- und Bringdienstes, die Anfang des Jahres einen Corona-Prämie forderten, die ihnen bislang als Beschäftigte der Tochtergesellschaften  verwehrt blieb.

Auch der SPD-Bundestagsabgeorndete für den Kreis, der zu der Kundgebung gekommen war, fühlte sich aufgtund der Schilderungen angehalten, spontan eine kurze Rede zu halten, in der er sich gegen Privatisierung und persönlich für die Abschaffung des gesamten Fallpauschalensystems und einen verbindlichen gesetzlichen Personalschlüssel ausprach.

In dem Beitrag des Bündnisses Systemrelevant & Ungeduldig wurde nochmal deutlich gemacht, dass endlich mit der Privatisierung des ehemaligen Bereichs der öffentlichen Daseinsvorsorge und dem DRG-System, dem  Grundübel der Misere im gesamten Gesundheitssystem Schluss sein muss. Die privaten Kliniken müssen wieder in die öffentliche Hand überführt werden unter Kontrolle derer, die am besten Wissen wie ein Gesundheitssystem für alle unter guten Arbeitsbedingungen aussehen kann – nämlich den Beschäftigten und Patient*innen und die real aufkommenden Kosten bei medizinisch notwendigen Behandlungen müssen voll refinanziert werden. Klar ist, dass das nur die Kolleg*innen selbst gemeinsam mit der Bevölkerung durchsetzen können – in bundesweiten Streiks.

Einen Anfang nach zwei Jahren Pause im Kampf für einen Entlastungstarifvertrag, der in Dachau gescheitert ist, haben die Kolleg*innen des kommunalen Berliner Klinikkonzerns Vivantes und an der Charité gemacht. Sie haben am 12. Mai, dem Tag der Pflegenden, dem  Berliner Senat eine Petition mit der Forderung nach einer Personalmindestbesetzung auf den Stationen, die von fast 8400 Kolleg*innen aus beiden Kliniken unterschrieben wurde, übergeben mit dem Ultimatum in 100 Tagen einen entsprechenden Entlastungstarifvertrag zu unterschreiben, ansonsten wird gestreikt! Das könnte zu einem Beispiel auch für andere Belegschaften werden, den Kampf um mehr Personal entsprechend dem Bedarf aufzunehmen.

Grußadresse von einer Kollegin aus Hamburg

Liebe Kolleginnen und Kollegen in München,

leider hat Hamburg in den letzten Monaten durch zwei Fälle von Union Busting durch Klinikkonzerne für Schlagzeilen gesorgt.

Es begann im Dezember 2020 – mitten in der 2. Coronawelle- als die Betriebsrätin und Krankenschwester Romana Knezevic in einem Interview öffentlich über die Missstände im Krankenhaus St. Georg sprach. Es folgte nur einen Tag später ein weiteres Interview mit einem ominösen Chefarzt, der aalglatt auftrat und die Zustände vehement abstritt.

Romana bekam dafür ein paar Tage später von ihrem Arbeitgeber, dem privaten Klinikbetreiber Asklepios, die Kündigung ausgesprochen.

Nachdem dann erneut einige PflegerInnen der Intensivstation in St. Georg an die Presse herantraten und alles bestätigten und nochmal konkretisierten und dann auch öffentlich bekannt wurde, dass Romana nun die Kündigung drohte, entstand ein wahrer Marathon an Solidaritätsbekundungen aus der gesamten Bundesrepublik. Die Hamburger Krankenhausbewegung sowie das Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus organisierten eine Dauermahnwache vor dem besagten Klinikum, mit viel Medienpräsenz, regelmäßige Kundgebungen an verschiedenen Orten in Hamburg, sowie eine Welle von Protestbriefen an Asklepios und an den Hamburger Senat, der noch 25% Anteile an den Hamburger Asklepioskliniken besitzt. Stadtteilgruppen, BetriebsrätInnen anderer Branchen, örtliche Vereine und Politiker schalteten sich ein und sprachen ihre Empörung aus. Der dadurch wachsende öffentliche Druck bewegte Asklepios schließlich dazu, noch vor der Gerichtsverhandlung im Mai die Kündigung zurückzuziehen.

Welch ein Riesenerfolg, den wir alle gemeinsam erreicht haben!!

Doch die Freude darüber hielt nicht lange an – im Februar 2021 wurde bekannt, dass die nicht freigestellte Betriebsrätin und Betriebsratsgründerin Anja C. aus der ATOS Fleetinsel Klinik Hamburg von ihrem Arbeitgeber die Kündigung erhielt. Die Gründe dafür waren noch absurder: Die Geschäftsführung warf ihr Arbeitszeitbetrug bei der Arbeit im HomeOffice vor, obwohl sie ihre Arbeitszeiten sorgfältig dokumentiert hatte.

Auch hier organisierten wir vom Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus medienwirksame Proteste vor der Fleetinsel Klinik und vor dem Arbeitsgericht. Schnell war das öffentliche Interesse wieder da. Das Hamburger Arbeitsgericht gab Anja am 19. März Recht, dennoch hob der ATOS-Konzern Anjas Freistellung vom Dienst erst am 25. Mai auf. Welch skandalöses Verhalten, eine Krankenschwester mitten in einer Pandemie nicht arbeiten zu lassen, nur um Einschüchterung gegen aktive BetriebsrätInnen zu betreiben!! Da fehlen mir die Worte!

Aber mehr als einmal haben wir nun bewiesen, dass sich Hamburg solche Angriffe gegen gesetzliche Interessensvertretungen der Krankenhausbeschäftigten nicht bieten lässt, denn ein Angriff auf eine/n von uns ist ein Angriff auf uns alle!

Unsere Botschaft an Euch ist:

Wir stehen mit Euch solidarisch zusammen und werden unter Einbeziehung der gesamten Öffentlichkeit solche Versuche von Union Busting enttarnen und bekämpfen!

Gemeinsam mit allen Beschäftigten im Gesundheitswesen fordern wir, dass die Gesundheit der Bevölkerung nicht länger von privaten Konzernen zur Ware gemacht wird!

Wir brauchen eine kostendeckende Finanzierung unserer Krankenhäuser statt Fallpauschalen!

Wir brauchen eine bedarfsgerechte Personalbemessung in allen Fachbereichen sowie der ambulanten und stationären Altenpflege!

Und das geht nur mit einem Gewinnverbot für Gesundheitseinrichtungen, gerechte Bezahlung durch flächendeckende Tarifverträge für alle Beschäftigten und Insourcing von Tochterbetrieben!!

Lasst uns heute, am Tag der Gesundheitsministerkonferenz, gemeinsam für bessere Bedingungen auf die Straße gehen und laut sein!

Solidarische Grüße aus Hamburg,

Nina

-Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus-

Grußadresse von einer Kollegin aus Nürnberg

Wir Beschäftigte der Klinikum Nürnberg Service Gesellschaft möchten euch solidarische und kämpferische Grüße nach Dachau senden.

Seit über 20 Jahren hat unser Klinikum sich auf unsere Kosten eine goldene Nase gespart-damit muss jetzt Schluss sein.

Im Vergleich zu Kollegen*innen, die noch zu den Tarifbindungen des öffentlichen Dienstes angestellt wurden, verdienen unsere rund 830 Beschäftigten der Servicegesellschaft allein beim Tabellenentgelt zwischen 300 und 900 Euro monatlich weniger- bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit. Hinzu kommen weitere Benachteiligungen bei Arbeitszeit, Jahressonderzahlungen, Urlaub und einiges andere.

Für uns war klar, wir sind gut organisiert und fest entschlossen, unsere Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Bereits am 6.Mai hatten rund 300 KNSG Beschäftigte mit einem Warnstreik für eine Angleichung an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst demonstriert. An zwei weiteren beeindruckenden Streiktagen am 18.und 19. Mai, haben wir deutlich gemacht, dass wir nicht länger bereit sind, bei unserer systemrelevanten Arbeit im Klinikum Niedriglöhne zu ertragen. 260 – 300 Kollegen*innen haben bei der lautstarken Demonstration und kraftvollen Kundgebung in vielen Redebeiträgen deutlich gemacht, dass wir zusammenhalten und kämpfen bis wir unser Ziel erreichen.

Beim Demonstrationszug am dritten Streiktag zur Stadtratssitzung wollten wir die politischen Entscheidungsträger für die Arbeitsbedingungen in dem kommunalen Klinikum in die Verantwortung nehmen.

Wir begrüßen die Ankündigung unseres Oberbürgermeisters und des Kämmerer in unserem Gespräch, dass die KNSG zum 1.1.2024 vollständig in den TVöD zurückgeführt wird. Dies ist ein großer Erfolg, den wir uns mit unseren Warnstreiks und Aktionen erkämpft haben. Jetzt geht es darum, diese Ankündigung auch verbindlich im Stadtrat zu beschließen und im Tarifvertrag festzuschreiben.

Die Tarifkommission erwartet nun schnelle und deutliche Schritte zur Angleichung an den TVöD. Denn unsere Kolleginnen und Kollegen müssen jetzt ihre Familien versorgen und ihre steigenden Mieten bezahlen.

In der zweiten Tarifrunde erklärten uns die Arbeitgeber, dass sie die Beschäftigungsjahre nicht 1 zu 1 übernehmen werden und uns wie Neueinstellungen in die Stufen 1 – 3 eingliedern. Das werden wir nicht zulassen, dass Beschäftigte die 20 Jahre und mehr bereits im Klinikum arbeiten, in den unteren Stufen sich wieder finden. Wenn es sein muss, gehen wir für die Anerkennung der Beschäftigungsjahre wieder auf die Straße.

Es ist Zeit, dass wir uns bundesweit auf den Weg machen und zusammen kämpfen für eine Bezahlung nach TVöD für alle.

Solidarische Grüße aus Nürnberg der Beschäftigten der Klinikum Nürnberg Service Gesellschaft

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