Berufsverbot in Bayern: VKG fordert Veröffentlichung des Leserbriefs von Benjamin Ruß

Im Dezember 2024 war der ver.di- und VKG-Kollege Benjamin Ruß aufgrund seines Berufsverbotes in Bayern zu einer Veranstaltung an die Universität Göttingen eingeladen, um über eine neue Welle von Berufsverboten zu sprechen. Eingeladen wurde er von GEW- und ver.di-Kolleg*innen. In der E&W Niedersachsen erschien anschließend ein Bericht zur Veranstaltung. Das den Bericht begleitende Foto zeigte ihn mit Koufiya. Rund ein halbes Jahr nach der Veranstaltung veröffentlichte die Redaktion der E&W Niedersachsen einen Leser*innenbrief, in dem ein GEW-Mitglied die Gewerkschaft aufforderte, sich mit dem Kollegen zu entsolidarisieren. Gleichzeitig wurde er auf eine Ebene mit Björn Höcke gestellt, ihm wurde Antisemitismus und politische Nähe zur Hamas unterstellt. Alles auf Grundlage des erwähnten Fotos.

Über den stellvertretenden Pressesprecher der GEW Niedersachsen Oliver Weiße wurde Kollege Ruß nun informiert, dass die Redaktion der E&W Niedersachsen sich trotz einer anfänglichen Zusage gegen die Veröffentlichung einer Antwort auf den diffamierenden Leser*innenbrief entschieden hat.

Als Vernetzung von kämpferischen Gewerkschaftskolleg*innen im DGB fordern wir die Redaktion der E&W Niedersachsen auf, die Antwort des Kollegen Ruß zu veröffentlichen, die wir hier im Anschluss dokumentieren.


Ich bin Geo-Informatiker, Münchner ver.di-Mitglied und antworte auf den Leser*innenbrief von Liv Teichmann, der in der letzten Mitglieder*zeitung der GEW Niedersachsen (E&W Ausgabe 3/2025) erschienen ist. In diesem Brief stecken Themen, die wir als Gewerkschafter*innen ausführlich diskutieren sollten. Ich versuche in aller Kürze den Zusammenhang zwischen dem Genozid in Palästina und den neu aufkommenden Berufsverboten herauszuarbeiten. Für eine ausführlichere Auseinandersetzung verweise ich gerne auf meine Webseite: www.russbenjamin.wordpress.com

Liv Teichmann fordert die Entsolidarisierung der GEW mit mir, weil ich auf einer Berufsverbots-Veranstaltung der GEW in Göttingen einen Kufiya getragen habe. Sie war nicht auf der Veranstaltung, sondern hat nur ein Bild davon gesehen. Daraus schließt Liv Teichmann auf eine inhaltliche Nähe zur Hamas und auf Anti-Semitismus. Recherchiert man, findet man schnell genug Quellen darüber, dass der Kufiya weit vor der Hamas und weit vor dem Staat Israel existierte. Liv Teichmanns Versuch, über diesen Schal eine Verbindung zwischen der Hamas, Anti-Semitismus und mir herzustellen, ist der Versuch der bewussten Geschichtsfälschung und Irreführung. Genauso die Absurdität, den israelischen Staat mit Jüd*innen aus aller Welt gleichzusetzen. Das ist völkisches Gedankengut und selbst anti-semitisch. Liv Teichmann will uns Gewerkschafter*innen aber noch weiter an der Nase herumführen. Sie schreibt, sie sei gegen Berufsverbote und für Solidarität, habe aber ein Problem mit Menschen wie mir, da wir den betrieblichen “Frieden” stören würden.

Sie möchte damit Menschen, die sich den herrschenden Bedingungen widersetzen und dabei eine Verbindung der politischen und ökonomischen Kämpfe herstellen, aus der Gewerkschaftsbewegung drängen. Ob in Palästina oder in Deutschland. Den betrieblichen Frieden zu wahren, bedeutet, Ausbeutung und Unterdrückung hinzunehmen und unseren Kampf für bessere Lebensbedingungen einzustellen. Es heißt vor allem: nicht zu streiken! Es heißt, sich nicht gegen die Angriffe auf die Renten, Löhne, soziale Infrastruktur etc. zu verteidigen. Es ist der Appell, im Betrieb zu schweigen, während gleichzeitig der Krieg der kapitalistischen Nationen vorbereitet und unsere Rechte als Arbeitende und Gewerkschafter*innen – Versammlungsrecht, Streikrecht, Menschenrecht etc. – pulverisiert werden. Eben auch in Palästina. Dort geht es konkret um Vertreibung für den Landraub, um Vernichtung von Gesellschaftsstrukturen zur Enteignung gesellschaftlicher Infrastruktur. Dafür wird die Verstümmelung und Vernichtung von Menschen zur ökonomischen Rationalität. Das sollen wir alles “friedlich” hinnehmen.

Liv Teichmann übernimmt damit gewerkschaftsfeindliche Positionen staatlicher Institutionen, die in meinem Berufsverbotsprozess den Aufruf zu weitreichenden Streikmaßnahmen als verfassungsfeindlich eingestuft haben. So sollen Kolleg*innen, die wie viele andere Menschen dieser Welt die Geschehnisse aus der Klassenperspektive betrachten, isoliert werden. Wer uns auffordert, kein Zeichen gegen die kapitalistische Verdichtungsmaßnahmen in Palästina zu setzen, uns mit Verleumdungen daran hindern möchte, gewerkschaftliche Mehrheiten zu gewinnen, wer wie Liv Teichmann den Frieden im Betrieb fordert, fordert letztlich die Gleichschaltung der Gewerkschaften!

Benjamin Ruß

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