Die zweite Streikbewegung für Entlastung an den Krankenhäusern mit der Durchsetzung eines Tarifvertrages für Entlastung erfolgreich beendet

Streik der Unikliniken in NRW nach 79 Tagen Arbeitskampf beendet! Lehren eines wichtigen Streiks:

In der Nacht vom 18. Juli auf den 19. Juli 2022 einigten sich die Leitungen der 6 Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen (Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln, Münster) mit ver.di auf einen Tarifvertrag Entlastung (TVE). Am 5. August hatte die Tarifkommission der Einigung vom 18. Juli mit großer Mehrheit zugestimmt, nachdem 73,58 % der Mitglieder bei einer Urabstimmung das Ergebnis angenommen hatten.

Der längste und härteste Streik in Gesundheitswesen

Der längste und härteste Streik im Gesundheitswesen endete nach 79 Tagen. Der Arbeitskampf war kein leichter, die Leitungen der Universitätskliniken versuchten mit allen Mitteln – u.a. mit arbeitsrechtlichen Vorgehen gegen die Aktivist:innen und unter Einsatz des Arbeitsgerichts – die Streiks so gut wie möglich zu behindern. Doch der Durchsetzungsstreik konnte damit nicht gebrochen werden und ein TVE für die 6 Unikliniken durchgesetzt werden.

Doch bevor wie das Ergebnis bewerten – soweit es uns möglich ist – noch ein Blick auf den Verlauf der Auseinandersetzung:

Die Vorgehensweise orientierte sich sehr stark an der bereits im vergangen Jahr angewandten Methode in der Berliner Krankenhausbewegung von Charité und Vivantes. Anfang des Jahres hatten die Beschäftigten ein 100-Tage-Ultimatum für einen TVE an die Landesregierung gestellt. Dabei gingen die Verantwortlichen davon aus, dass die damals amtierende schwarz-gelbe Landesregierung es wohl kaum riskieren würde, dass 2 Wochen vor der Wahl ein großer Streik ausbrechen könnte. Aber dies war eine Illusion! Wie in Berlin ließ die Landesregierung das Ultimatum verstreichen. Doch anders als in Berlin ließen sich die ver.di-Verantwortlichen auf die Drohung des „Arbeitgeber“verbandes des Landes NRW (AdL) ein, die Unikliniken aus dem Arbeitgeber:innenverband rauszuwerfen, wenn sie über einen TVE verhandeln würden. Nachdem der alte und neue Gesundheitsminister Laumann (CDU) und die Landesregierung vorschlugen, das NRW-Hochschulgesetz entsprechend zu ändern, damit die Unikliniken nicht mehr an die Tarifgemeinschaft gebunden wären, aber die bisherigen Tarifverträge weiter gelten sollten, ließ sich ver.di auf diesen „geordneten“ Austritt ein. Ver.di-Landesbezirksleiterin Gabriele Schmidt kommentierte diesen Schritt in einer Pressemitteilung von ver.di NRW vom 11.5.2022 folgenermaßen, „dass der politische Wille da ist, den Weg für Tarifverhandlungen freizumachen“. Landesfachbereichsleiterin Katharina Wesenick redete gar von einem möglichen Einstieg in einen geordneten Ausstieg aus dem Konflikt (WDR, 10.5.2022). D.h. Ver.di-NRW ließ sich auf dieses Ultimatum ein und hieß diesen Austritt noch gut, um unter allen Umständen an den Verhandlungstisch zu kommen, ohne zu wissen, wie die bisherigen Tarifverträge (Entgelt- und Manteltarifvertrag) an den Unikliniken weiter geführt werden.

Die Streikenden waren überdies mit einer Klage der Uniklinik Bonn vor 2 Arbeitsgerichtsinstanzen zwecks einstweiliger Verfügung zur Aussetzung des Streiks sowie einer nahezu vollständigen Mediensperre über ihre Arbeitsniederlegung konfrontiert. Das hielt sie nicht ab, ihre Stärken eindrucksvoll zu demonstrieren. Notdienstvereinbarungen sahen Bettensperrungen (1.800) und Abteilungsschließungen (50) vor, auch wenn das Landesarbeitsgericht Köln auf Klage der Universitätsklinik Bonn (UKB) hin die Öffnung zusätzlicher 25 OP-Säle in 2. Instanz landesweit anordnete. Schneller Übergang zu Durchsetzungsstreiks, machtvolle Kundgebungen und Demonstrationen, zuletzt am 21.6. in Münster und am 29.6. in Düsseldorf, Solidaritätsbekundungen bis in weite Teile der sog. Zivilgesellschaft hinein und die Vorstellung des Schwarzbuchs Krankenhaus in einer gerammelt vollen Kölner Kirche trugen das Ihrige dazu bei, der Verweigerungshaltung der „Arbeitgeber:innenseite“ die Stirn zu bieten.

Das Ergebnis:

2018 hatte ein fast gleich langer Streik an den Unikliniken Düsseldorf und Essen dort bereits zu einer Vereinbarung über eine Entlastung des Personals geführt. Doch wurde diese von ver.di im Vorfeld der diesjährigen Auseinandersetzungen gekündigt. Die Unterschreitung der vereinbarten Mindestpersonalbe-setzung blieb weitgehend konsequenzlos.

Nach Abstimmung an den 6 Klinikstandorten segnete am 19.7. auch die 75-köpfige Tarifkommission die Einigung mit überwältigender Mehrheit ab. Ob der Rat der 200 tatsächlich dabei wie versprochen das letzte Wort behielt, erschließt sich aus den Medienberichten nicht. Jedoch diskutierten die Kolleg:innen auf Versammlungen an allen 6 Unikliniken über das Ergebnis und entschieden auch darüber. Die Kolleg:innen der Tarifkommission hatten sich darauf geeinigt, die Ergebnisse der Versammlungen zu respektieren bei ihrer Entscheidung. Bekannt ist, dass die Kolleg:innen der Uniklinik Düsseldorf das Ergebnis ablehnten, da die Vereinbarung zu den Bereichen, die sich nicht direkt auf die Pflege am Bett bezogen, zu schlecht waren, um dem Personalmangel dort zu begegnen. Dazu später. Die Kolleg:innen der anderen 5 Unikliniken stimmten der Vereinbarung zu, die Quote der Zustimmung in den verschiedenen Unikliniken ist uns nicht bekannt. Der Streik wurde daraufhin ab dem 20.7. ausgesetzt bis zur endgültigen Entscheidung am 5.8.

Am 5.8. stimmte die Tarifkommission der Einigung vom 18. Juli mit großer Mehrheit – nach Angaben von ver.di – zu, nachdem 73,58 % der Mitglieder bei einer Urabstimmung das Ergebnis angenommen hatten. Auch wenn eine Mehrheit zugestimmt hat, zeigt dieses mittelmäßige Ergebnis doch – in Berlin stimmten noch über 96 % dem Ergebnis zu – dass es hier zu größeren Diskussionen in den Belegschaften – gerade über die schlechte Regelung zu den Bereichen, die nicht direkt zur Pflege gehören – gekommen ist. Nach Einschätzung des ver.di-Gewerkschaftssekretärs Jan von Hagen, der für die Unikliniken NRW zuständig ist, spiegelt das Ergebnis der Urabstimmung „aber auch den Unmut über die Spaltung der Belegschaften durch die Arbeitgeber, die nicht bereit waren, für alle Bereiche wirksame Entlastungsregelungen zu vereinbaren“, (ver.di-PM vom 5.8.2022) wider.

Der TVE gilt erst ab 1.1.2023. Für große Teile des Pflegepersonals wurde ein schichtgenaues Verhältnis von Beschäftigten zu Patient:innen festgelegt. Wird dieses unterschritten bzw. kommt es zu anderweitigen zusätzlichen Belastungen, erhalten die Beschäftigten entweder finanziellen Ausgleich oder einen Belastungspunkt. Für 7 Punkte gibt es einen Tag Freizeitausgleich. Im 1. Jahr der Umsetzung können so bis zu 11, im 2. 14 und im 3. 18 Tage herauskommen. Erstmals wurden für viele Gruppen außerhalb der Pflege Mindestbesetzungen und Entlastungsausgleiche vereinbart (Radiologie, Betriebskitas, Therapeut:innen). Auszubildende erhalten mehr persönliche Anleitung und Tage für die Selbstlernzeit, Mindeststandards für Praxisanleitung und Zahl der Lehrkräfte sowie Belastungsausgleich bei Unterschreitungen.

Das kurze Streichholz zog das Personal in Servicebereichen, IT und Technik sowie bei den Ambulanzen. Hier wurden pro Krankenhaus lediglich 30 zusätzliche Vollzeitstellen ausgehandelt. Dieses Zugeständnis von Seiten ver.dis führte zu Unmut und zu vielen Diskussionen in den Belegschaften, was auch an der Uniklinik Düsseldorf letzten Endes zur Ablehnung des Ergebnisses führte. Sie sprachen sich gegen diese Spaltung der Belegschaften, den die Uniklinikleitungen durchsetzen konnten und den die Verhandlungsführung von ver.di akzeptiert hat aus. Aus ihrer Sicht ist „Krankenhausarbeit Teamarbeit und braucht überall ausreichend Personal.“ (zitiert nach ver.di PM vom 19.7.2022)

Bewertung des Ergebnisses   

Das Berliner Ergebnis wurde übertroffen, weil erstmals auch außerpflegerische Bereiche erfasst wurden. Zum ersten Mal wurde in NRW ein Flächentarifvertrag für Entlastung in Krankenhäusern durchgesetzt. Katharina Wesenick, Landesfachbereichsleiterin Gesundheit im ver.di-Landesbezirk NRW, spricht von einem „wichtigen Etappensieg“, man habe die eigene Gesundheit und das Patient:innenwohl gegen die „Profitlogik“ im Krankenhaus durchsetzen müssen. An der Streikbewegung seien der demokratische Prozess, die große Beteiligung der Beschäftigten und deren Selbstermächtigung wichtige Erfolge gewesen. Tausende hätten sich nicht nur am Streik, sondern auch als Expert:innen ihrer Arbeitssituation an Aushandlungsprozessen beteiligt (zitiert nach ver.di-PM vom 19.7.2022).

Dieser Einschätzung können wir uns nur bedingt anschließen. Was sicherlich richtig ist – wie im ersten Streik an den Unikliniken Essen und Düsseldorf und während der Krankenhausbewegung Berlin – ist die Beteiligung der Beschäftigten und viele demokratische Elemente – wie die Tarifbotschafter:innen – in der Streikbewegung zu betonen und geht weit über das hinaus, wie üblicherweise gewerkschaftliche Auseinandersetzungen geführt werden.

Doch zum ersten – noch mehr wahrscheinlich als während der Streikphase in der Berliner Krankenhausbewegung – waren die Tarifbotschafter:innen und der Delegiertenrat der 6 Unikliniken weder von den ver.di-Verantwortlichen noch von den Organizer:innen als Elemente eines Kontrollorgans für die Diskussion und Entscheidung über den Arbeitskampf gesehen worden. Er stellte „lediglich“ ein Organ der aktiven Beteiligung und Selbstermächtigung der Beschäftigten dar, was durchaus positiv zu bewerten ist, aber die Kontrolle über den Kampf, über den Abschluss hatte letztendlich die Tarifkommission und die Gewerkschaftsführung.

Zum Zweiten: Interventionsmöglichkeiten des Personals bei Unterschreitung der im TVE ausgehandelten Mindestbemessungsgrenzen wie Aufnahme- und Behandlungsstopps inkl. Bettensperrungen und Abteilungsschließungen finden ebenso wenig Niederschlag wie in Berlin. Es bleibt bei dem Mechanismus, bei unterbesetzten Schichten Punkte zu sammeln, die dann in freie Tage (s.o.) umgewandelt werden können. Auch hier steht das Prinzip Hoffnung Pate – nämlich die Hoffnung, dass über diesen Freizeitausgleich ökonomischer Druck auf die Uniklinikleitung ausgeübt werden kann, Personal einzustellen. Dieser Mechanismus kann aber ebenso dazu führen, dass, wenn es bei gleicher oder zunehmender Zahl von Fällen bzw. Fallschwere nicht zur Neueinstellung von Personal kommt – bundesweit fehlen 200.000 Stellen allein in der Pflege –, eine Art von Langzeitarbeitskonto droht, dessen freie Tage sich zwar summieren, aber die die Beschäftigten ewig mit sich schleppen. Die noch schlechtere Konsequenz könnte durchaus sein, dass es zu Leistungsabbau kommt, durch Schließung einzelner Abteilungen oder geringere Aufnahme von Patient:innen, was nicht im Interesse der zu versorgenden Patient:innen sein kann. Die neuesten Pläne von NRW-Gesundheitsminister Laumann zur Klinikspezialisierung in NRW werden genau dazu führen und damit zu einer schlechteren Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.

Zum Dritten: Die Kliniken haben anderthalb Jahre Zeit, ihre Computersysteme auf das neue System umzustellen, was sich sicherlich auch in der nicht nennenswerten Aufstockung der IT widerspiegelt! Für diese Übergangsphase gelten die vereinbarten Belastungsausgleiche nicht, sondern pauschal 5 Entlastungstage (nur!) fürs Pflegepersonal.

Zum Vierten: Der Häuserkampf geht weiter, auch wenn Wesenick von einem flächendeckenden Ergebnis faselt. Schlimmer noch: Der TV-L gilt nur noch bedingt für die Unikliniken! Der neue Landtag hatte ja das Hochschulgesetz geändert zwecks Abschlussmöglichkeit für einen TVE (s.o.). In einem sogenannten Anerkennungstarifvertrag ist festgelegt, dass sie in den kommenden 7 Jahren sämtliche Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes der Länder (TV-L) automatisch übernehmen (Arbeitszeit, Entgelt, betriebliche Altersversorgung … ). Und danach? Bedeutet dies etwa, dass das gewerkschaftlich organisierte Uniklinikpersonal während der nächsten 3 – 4 TV-L-Runden außen vor bleibt, wo es doch neben angestellten Lehrer:innen und Erzieher:innen in den letzten Jahren deren Speerspitze darstellte? Die Befürwortung der Änderung des Hochschulgesetzes durch ver.di-NRW stellt also gegenüber Berlin eine Verschlechterung dar.

Zum Fünften: Immer wieder suggerierte die ver.di-Führung ihren Mitgliedern, ein TVE finanziere sich wie von selbst. Doch zahlen die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) nur die von Spahns Pflegepersonalstärkungs-gesetz eingeräumten mageren zusätzlichen Stellen direkt am Krankenbett. Des Weiteren wurde ver.di nicht müde, den Beschäftigten zu versichern, der Staat werde die übrig gebliebene Lücke zur notwendigen Personalaufstockung schließen und man hoffe auf einen starken Anreiz für Personalaufbau durch den abgeschlossenen Tarifvertrag. Doch der Landtagsbeschluss deckt nur die Bezahlung des Anerkennungstarifvertrags für 7 Jahre ab, denn die Unikliniken hatten sich bis zuletzt gegen die durch den TVE entstehenden Zusatzkosten mit Händen und Füßen gesträubt und angedroht, dies durch Abstriche am TV-L wettzumachen.

Die Erfahrung der siegreichen Beschäftigten an der Charité und bei Vivantes Berlin beweist: Das wird nicht kommen! Der Senat betonte dort ausdrücklich, er dürfe laut Krankenhausfinanzierungsgesetz den laufenden Betrieb gar nicht subventionieren, und erhöhte lediglich das Budget für Investitionen in die Substanz, zu denen er demnach verpflichtet ist. Trotz dieser Erhöhung bleibt es laut Berliner Krankenhausgesellschaft immer noch weit unter dem an Instandhaltung und Erneuerung von Gebäuden und Technik Nötigem. Das Krankenhausfinanzierungsgesetz gilt auch für NRW ebenso wie die langjährige Vernachlässigung der Pflichten durch die Landesregierung und das Subventionsverbot für den laufenden Betrieb.

Wie weiter?

Aus all diesen Gründen wären wir in der Urabstimmung für die Ablehnung des Ergebnisses gewesen, wie es die Kolleg:innen aus der Uniklinik Düsseldorf auf ihrer Streikversammlung nach dem 18.7. gemacht hatten, und für die Fortführung des Streiks. Das mittelmäßige Ergebnis von 73,8 % Zustimmung zum ausgehandelten TVE zeigt sehr wohl, dass es unter den Aktivist:innen Vorbehalte und viel Diskussion darüber gab. Dafür wäre es aber notwendig gewesen, die von Wesenick beschriebenen demokratischen Prozesse an der Basis – diese waren umfänglicher als früher in die Auseinandersetzungen einbezogen und durften ihre Meinung äußern – auf die Kampfesführung auszuweiten.

Dafür hätte der Rat der 200 auf Mitgliederversammlungen als Streikkomitee und verhandlungsführende Tarifkommission gewählt werden müssen und hätten jederzeit neu wählbar und rechenschaftspflichtig sein müssen. Ferner müsste er als Kern – nach den gleichen demokratischen Prinzipien – eines Kontrollorgans, das die Umsetzung des TVE überwachen und energische Schritte einleiten, um wirklich massenhaft zusätzliches Personal einzustellen, verstanden und eingesetzt werden.

Anfang nächsten Jahres steht die nächste Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes an. Die Kolleg:innen dürfen nicht zulassen, dass – wie in der letzten TVöD-Tarifrunde -, die Frage der Entlastung auf separate Verhandlungen (sog. „Pflegetisch“) ausgelagert wurde, bei denen bzgl. Entlastung nichts herausgekommen ist. Sondern jetzt wäre es nötig, die Erfolge aus den beiden Krankenhausbewegungen zu nutzen und auch die Frage der Entlastung bei den Forderungen aufzunehmen. Nicht nur in den Krankenhäusern, sondern auch im gesamten Bildungs- und Erziehungsbereich fehlen seit Jahren Tausende von Stellen (nach Angaben des Verbandes Bildung und Erziehung werden bis 2030 insgesamt 230.000 Stellen fehlen). Zum einen böte dies die Möglichkeit, dass alle kommunalen Krankenhäuser gemeinsam in den Arbeitskampf gehen können, zusammen mit anderen Kolleg:innen aus dem öffentlichen Dienst, die auch von Personalmangel betroffen sind. Damit wäre die Kampfkraft um einiges größer als wenn die Kolleg:innen der Krankenhäuser allein vor sich hin kämpfen. Zum anderen ist jetzt der zweite TVE mit einem wochenlangen Durchsetzungsstreik innerhalb von einem Jahr durchgesetzt worden, einige Kolleg:innen überlegen sich – wie in Bayern – oder sind schon dabei – wie an der Uniklinik Frankfurt/Main – auch einen Kampf um Entlastung zu führen, dieser Schwung kann jetzt mitgenommen werden und in einen großen gemeinsamen Streik von ver.di geführt werden.

Dafür könnten die Kolleg:innen, Tarifbotschafter:innen und Aktivist:innen der bisherigen Krankenhaus-bewegungen in Berlin und NRW parallel zur Organisierung von Veranstaltungen, Aufbau von persönlichen Netzwerken in den Krankenhäuser über die Landesgrenzen hinweg, die Initiative für eine Konferenz aller Beschäftigten in Gesundheitswesen, Alten- und Behindertenbetreuung ergreifen, um die ver.di-Führung zur Aufnahme eines Kampfes um einen bundesweit geltenden TVE aufzunehmen bis hin zum politischen Streik aller Gewerkschaften des DGB und darüber hinaus (GDL, Marburger Bund, UFO, Gorillas, Hafenarbeiter:innen etc.) für eine gesetzlich verbindliche Personalregelung, entschädigungslose Verstaatlichung der Privatkliniken, Wegfall der Fallpauschalen und Ersatz durchs Selbstkostenprinzip.

Wie die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der durchgesetzten TVEs immer wieder sehr plastisch zeigen, liegt das Hauptproblem in der Finanzierung der Krankenhäuser. Oder wie Kalle Kunkel, ehemaliger ver.di-Gewerkschaftssekretär, 2015 zuständig für die Streiks bei der Charité, sich in einem Artikel in Der Freitag (vom 21.7.2022) zu dem Streik in NRW äußert: „Die Gewerkschaft Verdi muss also in ihrem Tarifkämpfen weiter die Einheit der Belegschaften … verteidigen. Dies wird jedoch nur gelingen, wenn die Kämpfe um Entlastung verbunden werden mit der politischen Forderung nach Abschaffung der Fallpauschalen.“

Der Kampf um eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung für alle und unter guten Arbeitsbedingungen kann nur gewonnen werden, wenn Schluss gemacht wird mit der Privatisierungspolitik, die Fallpauschalen ersetzt werden durch eine Finanzierung, die den realen Bedarf deckt und die bereits privatisierten Kliniken rekommunalisiert werden unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten und Patient:innen und ihrer Organisationen, die ein ernsthaftes Interesse daran haben und die Expert:innen dafür sind. Darüber hinaus braucht es eine einheitliche staatliche Krankenversicherung für alle mit progressiven Beitragssätzen und eine Finanzierung der Investitionsmittel durch progressive Besteuerung von Gewinnen, Einkommen und Vermögen.

Dafür ist es auch notwendig, dass der gesamte DGB sowie Organisationen, Bündnisse und Initiativen, die sich für die Interessen der Kolleg:innen und Patient:innen engagieren, einbezogen werden, um eine entsprechende Unterstützungskampagne zu planen und die entsprechende gesellschaftliche Kraft aufzubauen, die Schluss macht mit einem Gesundheitssystem, das dem Profit einiger weniger Gesundheitskonzerne dient.

Sich an die Seite der streikenden Kolleg:innen zu stellen und dafür alle Beschäftigten, die ein Interesse an einem gut funktionierenden Gesundheitssystem unter guten Arbeitsbedingungen hegen, zu mobilisieren, wäre die Aufgabe aller DGB-Gewerkschaften über die laufende Tarifrunde hinaus. Mit einer solchen Mobilisierung, bis hin zu Solidaritätsstreiks, könnte eine gesellschaftspolitische Bewegung geschaffen werden, die die Kraft hat, einen erfolgreichen Kampf gegen Privatisierungen und mangelnde personelle und finanzielle Ausstattung des gesamten Gesundheitssektors zu führen.

Wir schlagen allen Kolleg:innen aus dem Gesundheitsbereich, die den Kampf erfolgreich fortführen wollen, vor, mit uns in Diskussion zu treten. Die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften wird am Sa., 8. Oktober und So., 9. Oktober in Frankfurt/Main eine zweite Strategiekonferenz durchführen, auf der es auch einen Workshop geben wird, wie der Kampf um Entlastung weiter fortgeführt werden kann (s. https://vernetzung.org/wp-content/uploads/2022/08/Kongress-Flyer-2022.pdf).

Kommt zur Konferenz und lasst uns gemeinsam darüber sprechen und konkrete Schritte dazu planen.

Flyer zum Herunterladen und Verbreiten:

https://vernetzung.org/wp-content/uploads/2022/09/Bilanz-Krankenhausbewegung-NRW-VKG.pdf

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