Das »Bündnis für Pflege« hatte zusammen mit der Betriebsgruppe der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) des Städtischen Klinikums über Monate gegen die geplante Streichung von Betten und die faktische Standortschließung protestiert. Der beschönigend als »Zukunftskonzept« bezeichnete Plan war bereits 2020 unter Mitwirkung der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young erarbeitet worden. Für ein Honorar von 500.000 Euro hatten sie vorgeschlagen, das Städtische Klinikum um einen Standort und mindestens 100 Betten zu verkleinern. Auf diese Weise wollte die sächsische Landeshauptstadt Geld aus dem Krankenhausstrukturfonds erhalten. Der lockt Kommunen, die ihre Kliniken verkleinern oder schließen, mit der Aussicht auf Bundesmittel. Jedes Jahr werden so etwa 750 Millionen Euro Steuergeld ausgegeben, um Ressourcen von Krankenhäusern zu verringern. Auf einen Teil dieses Geldes hoffte auch die Dresdner Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann. Die Politikerin der Partei Die Linke war an der Ausarbeitung des Vorhabens maßgeblich beteiligt.
Der Kürzungsplan war nicht der erste seiner Art. Seit 2012 in einem Bürgerentscheid die Umwandlung der damals noch zwei städtischen Kliniken von Eigenbetrieben in kommunale GmbHs verhindert worden war, jagte eine Sparmaßnahme die andere. Zuerst wurden die Kliniken fusioniert, was im Krankenhaus Neustadt unter anderem zum Wegfall der hausinternen Apotheke führte. Später sollte der Standort Weißer Hirsch, an dem sich die Psychiatrische Institutsambulanz befindet, geschlossen werden. Ein Jahr darauf die Kehrtwende: Im erarbeiteten Zukunftsszenario soll eben dieser Standort wachsen, dafür aber 97 Prozent der stationären Leistungen am Standort Trachau gestrichen oder an den Standort Friedrichstadt verlegt werden.
Wie Aktivisten des Bündnisses gegenüber jW erklärten, waren es neben dem die Patientenversorgung gefährdenden Abbau auch die häufigen Veränderungen in den Vorhaben, die den Unmut der Belegschaft und ihrer Unterstützer auf sich zogen. Zusätzlich zu den zahlreichen Protest- und Flugblattaktionen sammelte das »Bündnis für Pflege« auch 5.000 Unterschriften für eine Petition. Aktivisten sprachen bei einer Expertenanhörung vor dem Stadtrat, im Petitionsausschuss, vor den Stadtbezirksbeiräten von Dresden-Pieschen und verteilten Material an Abgeordnete.
Gegenwind erhielt die Sozialbürgermeisterin aus der eigenen Fraktion. Jens Matthis, Stadtvorsitzender von Die Linke, erklärte im jW-Gespräch, mit der Zustimmung des Stadtrats zum interfraktionellen Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und seiner Partei seien die Kürzungen zumindest für mehrere Jahre verschoben worden. Ausschlaggebend für diesen Erfolg waren laut Matthis vor allem auch die »außerparlamentarischen Aktivitäten« des Bündnisses.
Für Sprecher Leuwer zeigt der Erfolg gegen die Kürzungspläne, dass noch mehr drin ist im Kampf »gegen Kapitalismus und Ausbeutung«. Dafür sei es nötig, sich gewerkschaftlich und im Bündnis zu organisieren, denn: »Gemeinsam sind wir stark.«
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