aus dem Flyer vom Metallertreff Stuttgart: |
Die Tarifabschlüsse der letzten Jahre waren eher bescheiden. Sie können die hohe Inflation nicht ausgleichen. Seit Jahren gibt es Reallohnverluste. Die Gewerkschafts-führungen haben die Absprachen der Konzertierten Aktion im Sommer 2022 und die dort vereinbarte Inflationsausgleichsprämie genutzt, um mit dem „süßen Gift“ Reallohnsenkungen zu verschleiern. Mit dem „süßen Gift“ kann Augenwischerei betrieben werden, denn es besticht dadurch, dass es auf einen Schlag eine größere Summe netto auf’s Konto gibt – Geld, das dringend gebraucht wird. Aber dieses „süße Gift“ ist nicht tabellenwirksam und fließt auch nicht in die Berechnung von Elterngeld, Krankengeld oder Rente ein. Es dient nur dem Zweck, die Reallöhne nach unten zu drücken und nachhaltige Tabellener-höhungen zu verhindern. Ein faules Ei, das sich die Gewerkschaften ins Nest legen ließen ohne irgendeine Diskus-sion in der Mitgliedschaft, welche Auswirkungen das hat und ob es sinnvoll ist. Die Folge war, dass das Jahr 2022 für den höchsten Reallohn-verlust der Tarifbeschäftigten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland steht, so eine Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Auch 2023 waren die Verluste hoch.
Die Rahmenbedingungen der diesjährigen Tarifrunden sind geprägt durch eine immer noch hohe Inflation für die arbeitende Bevölkerung, insbesondere bei Nahrungsmitteln und Energie, sowie durch hohe Profite für‘s Kapital. Dazu kommt die krisenverschärfende und kriegstreiberische Politik von Regierung und Kapital. Die Gewerkschaftsführungen treten in ihrer Mehrheit nicht gegen die Regierungspolitik auf und führen keinen konsequenten Kampf für die Interessen der abhängig Beschäftigten, gegen Lohnsenkung, gegen Sozialkahlschlag, gegen Aufrüstung und Kriegstreiberei.
Angesichts der Kaufkraftverluste in den vergangenen Jahren sind die Kämpfe in 2024 entscheidend, ob wir den Trend der sinkenden Reallöhne brechen können.
Wir wollen rechtzeitig die Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie vorbereiten, die mit Abstand größte Branche mit bundesweit ca. 3,9 Millionen Beschäftigten. Die IG Metall will die Diskussion über Tarifforderungen schon im Frühjahr starten. Geplant ist eine Befragung der Beschäftigten. Bis Anfang Juli wollen die Tarifkommissionen und der Vorstand der IG Metall die Forderungen beschließen. Die Tarifverhandlungen starten Mitte September. Die Friedenspflicht endet am 28. Oktober.
Welche Forderungen sind notwendig?
Die Kolleginnen und Kollegen benötigen hohe tabellenwirksame Entgeltsteigerungen, am besten als Festgeldbeträge. So kämpfen z.B. die Lokführer der GDL für 555 € mehr pro Monat. Im Bauhauptgewerbe wurde von der Bundestarifkommission der IG BAU einstimmig eine Forderung von 500 € beschlossen. Ihr ist wichtig, dass vor allem die unteren Lohngruppen deutlich mehr bekommen. Deshalb fordert sie bewusst einen Festbetrag. Für die unteren Lohngruppen entspräche das einer Steigerung um 21 %. Dort sind auch die Kaufkraftverluste am höchsten. Die Gewerkschaft ver.di fordert bei der Lufthansa 12,5 % mehr Gehalt, mindestens aber 500 € mehr pro Monat. Alle Forderungen beziehen sich auf eine Laufzeit von 12 Monaten. In diesen Größenordnungen müsste sich auch die Forderung für die Metall-/Elektroindustrie mindestens bewegen.
Rückblick auf die vergangenen Jahre
Nach der Erhöhung im April 2018 von 4,3 % gab es die nächste tabellenwirksame Erhöhung erst über 5 Jahre später im Juni 2023 von 5,2 % und im Mai 2024 wird es nochmals 3,3 % geben. Angesichts einer Inflation seit 2018 von knapp 24 % und tabellenwirksamen Erhöhungen von nur 12,8 %, also nur ca. halb so viel wie die Inflation, braucht es dieses Jahr eine kräftige Erhöhung. Zu Bedenken ist auch noch, dass dies die offiziellen Inflationsraten sind. Viele KollegInnen hatten und haben mit höheren Kaufkraftverlusten zu kämpfen, weil sich ihr Warenkorb anders zusammensetzt. Wird z.B. ein höherer Anteil für Lebensmittel und Energie ausgegeben, ist der Verlust noch höher, denn dort war die Inflation am höchsten. Bei diesen Betrachtungen ist noch nicht mit eingeflossen, dass es eigentlich auch einen Ausgleich für höhere Produktivität geben müsste und wir immer auch für eine Umverteilungskomponente gekämpft haben.
30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich!
Wichtig ist auch das Thema Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich! Denn in der Branche steht ein massiver Personalabbau bevor! Grund: Die sogenannte „Transformation“ und Digitalisierung. So z.B. bei Porsche, wo der Vorstand die Verträge von mindestens 600 Befristeten nicht verlängert, bei Bosch, wo die Geschäftsführung allein in der Region Stuttgart ca. 3.000 Arbeitsplätze abbauen will, oder auch bei ZF, wo in den kommenden Jahren mindestens 12.000, vielleicht sogar bis zu 18.000 Stellen gekürzt werden.
Der Stahlabschluss darf kein Vorbild für Arbeitszeitverkürzungen sein. Er beinhaltet weder flächendeckende kürzere Arbeitszeiten, noch vollen Lohnausgleich. So werden bei kollektiven Arbeitszeitabsenkungen auf 32 Stunden nur 33 bezahlt, eine Lohnkürzung um 5,7%! Zwei Stunden müssen die KollegInnen also aus der eigenen Tasche bezahlen. Auch verhindert der Tarifabschluss weder Personalabbau, noch trägt er sonst zur Entlastung der Arbeitenden bei. Eine 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich ist die richtige Forderung, um den angekündigten Personalabbau zu verhindern. Vor 40 Jahren haben die MetallerInnen einen 6 wöchigen Arbeitskampf um die 35-Stundenwoche geführt und Verkürzungen durchgesetzt. An diesem Kampf von damals müssen wir anknüpfen.
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