Tarifrunde öffentlicher Dienst: Wir zahlen nicht für diese Krise

Volle Mobilisierung bis hin zu Durchsetzungsstreiks – gemeinsam mit den KollegInnen aus dem öffentlichen Nahverkehr gegen die Abwälzung der Krise auf uns

In den letzten Wochen haben sich Tausende KollegInnen aus dem öffentlichen Dienst – ErzieherInnen, Pflegekräfte, SozialarbeiterInnen, Beschäftige aus der Stadtreinigung, aus der Wasserversorgung, Verwaltung und viele mehr, sowie KollegInnen aus dem öffentlichen Nahverkehr an Warnstreiks, Kundgebungen, Demos und anderen Aktionen gegen die Blockade der öffentlichen „Arbeitgeber“ beteiligt. Noch vor wenigen Wochen wurden genau diese KollegInnen von genau diesen PolitikerInnen als systemrelevant und ihre Arbeit als gesellschaftlich notwendig beklatscht und gelobt. Es wurde vor allem gegenüber den Pflegekräften viele Versprechungen gemacht, doch bis heute sind noch nicht mal die „Corona“-Prämien bei allen angekommen.

Die KollegInnen haben jedes Recht, sich gegen diesen Affront von Seiten der Politik zur Wehr zu setzen!

Denn die Reaktion der öffentlichen Arbeitgeber – Kommunen und die Große Koalition im Bund – zeigen deutlich: sie wollen uns – die Beschäftigten – für ihre Krise zahlen lassen. Ihr Verweis auf die leeren Kassen hat keine andere Intention, als dass sie die Tarifrunde dazu nutzen wollen, das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten zu verändern.

Uns Beschäftigten wird gesagt, es sei kein Geld da – aber die großen Konzerne erhalten Milliardengeschenke!

Die Bundesregierung legte milliardenschwere Krisenpakete – insgesamt ca. 353 Milliarden Euro – auf, die zum großen Teil an die sogenannten „systemrelevanten“ Konzerne als Subventionen flossen, um diese nach dem Wirtschaftseinbruch zu stützen. Allein Lufthansa erhielt davon 9 Mrd. Euro – ohne irgendwelche Bedingungen, was z.B. die Umweltverträglichkeit oder den Erhalt von Arbeitsplätzen angeht. Aktuell sollen 27.000 Arbeitsplätze gestrichen werden! Diese Wirtschaftskrise, die sich noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie angekündigt hatte, wurde lediglich durch die Pandemie verstärkt.

Es wäre genügend Geld da, nicht nur für eine Lohnerhöhung, sondern auch für weitere Investitionen in den Öffentlichen Dienst und auch für mehr Personal, das zeigen nicht nur die 353 Milliarden Euro, die aus dem Bundeshaushalt für die Krisenpakete aufgelegt wurden, plus mehr als 800 Milliarden Euro als Bürgschaften des Bundes, sondern auch die Vermögen – allein in Deutschland besitzen die reichsten 10 % 7.300 Milliarden Euro.*

Dies könnte abgeschöpft werden durch:

  • die Wiedereinführung der Vermögenssteuer
  • eine progressive Erhöhung der Unternehmenssteuer
  • es sollten keine Gelder aus öffentlichen Kassen an Unternehmer vergeben werden, die entlassen wollen – diese müssen enteignet, verstaatlicht und unter demokratischer Kontrolle durch die Belegschaften und der arbeitenden Bevölkerung fortgeführt werden
  • Die Schulden der Kommunen sollten gestrichen werden.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es sich nicht um eine normale Tarifrunde handelt: ein paar Prozentpunkte mehr, die durch die ritualisierten Methoden wie ein paar Warnstreiks hier, ein paar Warnstreiks da, durchgesetzt werden sollen, um Druck auf die öffentlichen Arbeitgeber auszuüben.

Es geht In dieser Tarifrunde vor allem darum, eine gesellschaftliche Kraft zu entwickeln und aufzubauen, die in der Lage ist, die Bundesregierung und die dahinterstehenden weltweit agierenden Konzerne daran zu hindern, ihre Krise auf die vielen Beschäftigten, RentnerInnen, Arbeitslosen, Jugendlichen und Geflüchteten abzuwälzen. Zumal die Arbeitgeber alle Register ziehen, um die öffentliche Meinung gegen die Streikenden aufzubringen.

Dafür aber wäre als erstes nötig, dass unsere Gewerkschaftsführung von den ständigen Appellen an die öffentlichen Arbeitgeber Abstand nimmt und

  • alle KollegInnen des Öffentlichen Dienstes zum gleichen Zeitpunkt zu gemeinsame Streiks zusammenbringt
  • die Streikbewegung im Öffentlichen Dienst und im Nahverkehr zu einem großen Durchsetzungsstreik zusammenführt.

Wir als Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften meinen, dass neben den Lohnforderungen andere Forderungen auf der Tagesordnung stehen wie

  • Arbeitszeitverkürzung für alle – bei vollem Lohn- und Personalausgleich – Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle!
  • Aufbau von mehr Personal im Gesundheitsbereich entsprechend dem Bedarf und in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes
  • Schluss mit den Privatisierungen
  • Rekommunalisierung aller Gesundheitseinrichtungen unter demokratischer Kontrolle durch die Belegschaften, PatientInnen und BewohnerInnen und aller privatisierten Bereiche des öffentlichen Nahverkehr unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten und NutzerInnen
  • Rücknahme aller ausgelagerten Bereiche in den Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes

Das sind die dringenden Anliegen von KollegInnen, die auch in die Tarifrunde aufgenommen werden müssen. Die aktuellen Tarifrunden sind schwieriger als andere – nicht zuletzt aufgrund der Pandemie. Umso dringender wäre eine demokratische Streikführung und volle Transparenz bei den Verhandlungen, sowie bewusste Anstrengungen, um aktive Solidarität in der Bevölkerung aufzubauen. Dafür braucht es aber mehr Kontrolle durch die Streikenden: demokratisch gewählte Streikleitungen, aber auch Streikkomitees in den Betrieben, auf regionaler Ebene und bundesweit, in die die streikenden KollegInnen ihre Delegierten wählen und mit Hilfe derer über die Forderungen und über Aktionen bis hin zu Durchsetzungsstreiks diskutiert und beschlossen werden. Außerdem könnten Ideen gesammelt und die notwendigen Schritte geplant werden, um eine Solidaritätskampagne, getragen von allen Gewerkschaften und im Bündnis mit Kräften aus anderen Bewegungen aufzubauen.

Ein Schritt dahin, könnte eine Aktivenkonferenz sein, organisiert von ver.di, auf der die KollegInnen selbst diskutieren und entscheiden können, welche Forderungen aufgestellt werden und wie der Kampf dafür organisiert werden muss. Ein Kreis von aktiven Kolleg*innen aus einigen Krankenhäusern haben einen entsprechenden Aufruf verfasst. Wer diesen unterstützen möchte kann sich melden unter:

kh-aktivenkonferenz@web.de.

Außerdem freuen wir uns, wenn Ihr mit uns, der VKG, in Verbindung treten wollt: info@vernetzung.org

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*s.: https://www.isw-muenchen.de/2020/06/weltwirtschaft-auf-intensivstation-staat-muss-aktiv-in-wirtschaft-eingreifen-finanzmittel-muessen-aus-vermoegen-der-superreichen-kommen/

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