VHS und Bundeswehr organisieren wieder Kinder-Uni in München

Es ist keine neue Taktik der Bundeswehr, Jugendliche und junge Erwachsene möglichst früh zu rekrutieren. So erhalten “Personen im wehrfähigen Alter” Werbung des Bundeswehr, sogenannte Jugendoffizier:innen halten Vorträge zu “sicherheitspolitischen Themen” an Schulen (die Zahlen dieser Besuche steigen) und am Tag der offenen Tür der Bundeswehr lässt man sogar kleine Kinder in Kampfflugzeuge steigen und Waffen halten. Letzteres sorgte dann selbst bei bürgerlichen Medien für Kritik, die angesichts der aktuellen politischen Lage jedoch schnell vergessen werden dürfte. Deutschland rüstet auf und das nicht erst seit Verabschiedung der als Sondervermögen verharmlosten Kriegskredite zu Beginn des Jahres 2025 in Höhe von 500 Mrd. Euro.
Die Mär der totgesparten Bundeswehr hält angesichts massiver Steigerungen der Wehrausgaben spätestens seit den frühen 2000er Jahren nicht mehr stand. So sind die Ausgaben allein zwischen 2014 und 2024 von 44,7 Mrd. USD auf das Doppelte gestiegen: 88,5 Mrd. USD. Die Bereitstellung von 500 Mrd. Euro vor wenigen Monaten war aus Sicht des deutschen Kapitals daher nur ein notwendiger und konsequenter Schritt. Denn dieses fürchtet um seine Stellung. Deutlich zeigt sich dies einerseits national etwa in Bezug auf die Automobilbranche, eines der Kernelemente der deutschen Industrie. Um im Konkurrenzkampf bestehen zu können, werden Werke in andere Länder verlegt, zehntausende Arbeitsplätze gestrichen und Angriffe gegen Beschäftigte durchgeführt, insbesondere gegen das Streikrecht. Hinzu kommt andererseits eine internationale Ebene, wie Kriege etwa in der Ukraine und in Gaza zeigen. In beiden Fällen geht es ausschließlich darum, eigene Positionen durch geostrategischen Einfluss, Absatzmärkte und Bodenschätze zu sichern. Dem Militarismus kommt in dieser Situation eine Schlüsselposition zu und dieser Schlüsselposition wird von der deutschen Politik willig der Weg geebnet: In München war eine Tram mit großer Werbung für die Bundeswehr im Einsatz, die Wehrpflicht soll wieder eingeführt werden, deutsche Politiker:innen fordern, die Rüstungsausgaben auf 5% des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Dass gerade in dieser Phase des erstarkenden Militarismus der sogenannte “Veteranentag” am 15. Juni 2025 erstmals ausgetragen wurde, ist kein Zufall.
Für die Volkshochschule (VHS) München SüdOst sind dies trotzdem keine Gründe, sich konsequent gegen die Bundeswehr zu stellen. Im Gegenteil scheint sie das Streben nach Wehrfähigkeit bereitwillig mitzutragen, indem sie die Bundeswehr bei der Rekrutierung und Imagepflege unterstützt. So fand, wie schon in der Vergangenheit, auch dieses Jahr eine sogenannte Kinder-Uni statt, eine Koproduktion der VHS SüdOst und der Bundeswehr Universität München mit dem selbsterklärten Ziel, “spannende Fragen auf anschauliche und kindgerechte Art und Weise zu beantworten”. Nach einigen Veranstaltungen folgte vor wenigen Wochen am 4. Juni auf dem Gelände der Bundeswehr Universität die nächste: “Wie bauen wir Brücken?”. Im Rahmen der 500 Mrd. Euro eine durchaus drängende Frage, sollen doch 100 Mrd. Euro davon in die Infrastruktur fließen. Schließlich müssen Truppen, Gerät und Munition im Fall der Fälle auch transportierbar sein.
Die VHS SüdOst veranstaltet die Kinder Uni mit der Universität der Bundeswehr schon länger und auch abseits davon steht sie für eine Zusammenarbeit bereit. 2023 feierte man bereits gemeinsam das 50-jährige Bestehen der Bundeswehr Universität in Neubiberg mit einer mehrteiligen Vortragsreihe zu Themen wie “Raumfahrt und Satelliten” oder “Die Zukunft der militärischen Luftfahrt”.
Doch anstatt Militarismus als Normalzustand zu begreifen und aktiv zu unterstützen, sollte die VHS vielmehr die realen Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter*innen verbessern. So werden etwa die Kursdozent*innen grundsätzlich nur auf Honorarbasis angestellt, was bedeutet, dass Vor- und Nachbereitungen der Kurse nicht bezahlt sowie hohe Versicherungsbeiträge eigenständig übernommen werden müssen. Außerdem kann durch diese Art der Anstellung wenig bis keine Planungssicherheit bezüglich der Kursaufträge gegeben werden, was für Kolleg*innen zu zusätzlichem Druck führen kann, wenn es darum geht, monatliche Kosten decken zu müssen.
Um der Kinderuni und dem damit einhergehenden Versuch der Normalisierung des Militarismus an der VHS eine antimilitaristische Position gegenüberzustellen, brauchen wir eine Vernetzung der Kolleg*innen innerhalb der VHS selbst sowie eine Zusammenführung dieser Vernetzung in und mit gewerkschaftlichen Strukturen. Dass gewerkschaftliche Kämpfe gegen Militarisierung erfolgreich sein können, zeigt ein junges Beispiel aus dem schwäbischen Ort Kellmünz, das Kindern im kommenden August ein zweitägiges Ferienprogramm mit der Bundeswehr anbietet. Die Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW) hat dies öffentlich skandalisiert, woraufhin sich nun breiter Widerstand gegen diese Veranstaltung zu formieren scheint.

https://www.jungewelt.de/artikel/503447.werbung-f%C3%BCr-die-bundeswehr-gew-gegen-bundeswehr-an-grundschule.html

https://www.jungewelt.de/artikel/503748.militarisierung-der-jugend-soldat-ist-eben-kein-beruf-wie-jeder-andere.html

 

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