1. Mai 2021 in München

Demonstration eines breiten (*1) linken 1.Mai-Bündnisses durchkreuzte Demobilisierungsbemühungen des DGB’s zu ihrer eigenen Kundgebung und sorgte für mehr Zulauf!
Es versammelten sich am Ausgangspunkt der Demo, selbstverständlich unter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen,  zusammen mit vielen verdi-Kolleg*innen, um die 1.100  bis 1200 Kolleg*innen. (Was ca. 500-600 mehr waren als an der 1. Mai Demo 2020!)  Von dem für öffentliche Veranstaltungen zuständigen Kreisverwaltungs-Referat (KVR) der Stadt München waren im Vorfeld nur 150 Demo-Teilnehmer*innen zugelassen worden. Nach einigem Hin und Her mit der Polizei kamen diese wohl zum Schluss, dass eine Einhaltung dieser Auflage vor Ort wohl politisch (sicher auch wegen der offizielle Beteiligung von verdi-Kolleg*innen!) nicht durchsetzbar sei und ließ die Demonstration dann losgehen!
Es war dem 1. Mai-Bündnis gelungen, so großen politischen Druck aufzubauen, dass verdi sich offiziell der Demo anschloss, obwohl der DGB eine Demo abgesagt und nach langem Hin und Her nur noch eine Kundgebung auf dem Königsplatz angesetzt hatte. Verdi hat sich also nicht nur verbal, sondern real, praktisch gegen die DGB Beschlusslage gestellt und war mit 200 bis 300 KollegInnen auf der Demo gut vertreten.
Die Innenstadt (im Rahmen des sg. „Alstadtrings“) ist offiziell für „Kundgebungen und Demos mit Bezug auf Corona“  seit 4 Wochen gesperrt! (Dies hauptsächlich wohl, um Coronaleugner*innen ein weiteres Auftreten ohne Schutzmaßnahmen in der Innenstadt zu verunmöglichen.) Selbstverständlich hat diese Sperrung aber auch Auswirkungen auf progressive Kundgebungen und Demos.
Bei Ankunft der Demo auf dem Königsplatz um 12.00 Uhr nahmen an der DGB- Kundgebung nur ca. 100 (!!) Kolleg*innen teil, was auf dem großen Königsplatz einfach ziemlich mickrig aussah. Kein Wunder, hatte doch der DGB dazu aufgerufen, dass nicht „alle“ zum Königsplatz  kommen, sondern dass die Einzel-Gewerkschaften  doch bitte nur „Delegationen“ schicken sollten.
Obwohl der DGB uns offiziell nicht gerne ankommen sah, wurde gemutmaßt, dass sie doch irgendwie froh sein konnten, dass wir ihre kleine Kundgebung massiv aufgewertet haben. Nachträglich wurde diese Annahme bestätigt, als bekannt wurde, dass die DGB-Vorsitzende von München, Renate Burger, kurz vor Ankunft der Demo sinngemäß gesagt haben soll: „Kolleginnen und Kollegen, seid nicht traurig über die geringe Anzahl Teilnehmer*innen an unserer Kundgebung, es ist noch eine Demo in Anmarsch!“ (Geschickter kann man das eigene Versagen wohl nicht versuchen zu kaschieren.)
Das Zurückschrecken des DGB’s, wegen übertriebenen Coronaschutzauflagen (das KVR hatte dem DGB auf dem Königsplatz nur 400 Teilnehmer*innen genehmigt) nicht dagegen vor das Verwaltungsgericht zu ziehen, ist natürlich nicht nur organisatorisch, sondern auch politisch ein Armutszeugnis.
Das 1.Mai-Bündnis und Verdi wussten nicht, ob der DGB sie auf den Königsplatz lassen würde. Denn der DGB hatte im Vorfeld eine strikte  Einhaltung der vom KVR diktierten Teilnehmer*innenzahl angekündigt. Er musste dann aber wegen der geringen Beteiligung an seiner Kundgebung und der recht starken Teilnahme der verdi-Kolleg*innen an der Demo schnell einlenken.
Das politisch gesehen sehr bunt (*1) zusammengewürfelte 1. Mai-Bündnis konnte aufbauend auf die positive Erfahrung vom 1.Mai 2020 sich in diesem Jahr erweitern und hat sowohl in der Vorbereitung als auch bei der Durchführung der gemeinsam geplanten Demo äußerst solidarisch, loyal und zielführend zusammen gearbeitet. Sogar gab es eine  Übereinkunft, dass alle im Bündnis vertretenen Gruppen, Parteien und Organisationen einen Redebeitrag halten könnten, vorausgesetzt, die Demo wäre nicht auf dem Königsplatz zur DGB-Kundgebung zugelassen worden! Wir hätten uns dann mit der Demo wieder vom Königsplatz entfernt und an einem anderen Platz eine eigene Abschlusskundgebung abgehalten.
Das es nicht zum Letzteren kam, werten wir nicht als „Niederlage“, sondern im Gegenteil: das Ziel des 1. Mai-Bündnisses war, dem DGB zu zeigen, dass auch eine DGB-Demo möglich  gewesen wäre, also eine Kritik „durch Praxis“ an der zurückhaltenden DGB-Politik. Dieses Ziel wurde mehr als erreicht!  Das 1. Mai-Bündnis konnte zwar in diesem Jahr seine inhaltlichen Redebeiträge nicht halten, es gab aber sehr viele kritische Transparente, Plakate und Slogans in Bezug auf die Haltung des DGB zum 1.Mai, die vom Ergebnis her schlechte IGM-Tarifrunde und viel Kritik auch an den Tarifrunden von verdi im ÖD und ÖPNV-Bereich Ende 2020!
Schade war, dass das 1. Mai-Bündnis rein zeitlich nicht dazu kam, ein paar gemeinsame Losungen zu überlegen, obwohl es schon am 1. Mai 2020 viele Überschneidungen bei Parolen und Redebeiträgen gab. Das soll spätestens zum 1. Mai  2022 versucht werden besser zu machen, wie auf einem Nachbereitungstreffen angeregt wurde.
Auffallend, aber nicht unerwartet, war der Widerspruch zwischen der von verdi und DGB München auf der Kundgebung bekanntgegebenen Bündnis-Kampagne „Superreiche zur Kasse für die Kosten der Krise!“ (an dem formal alle DGB Gewerkschaften in München beteiligt sind) und der realen Tarifpolitik von verdi und IGM!  Deren Tarifabschlüsse sind alles andere als ein Beitrag zur Verhinderung der Abwälzung der Krisenkosten auf die Kolleginnen und Kollegen.
Natürlich verteidigte der Hauptredner der DGB Kundgebung, IGM-Vorsitzender Jörg Hofmann, in einem besonders schönfärberischen Beitrag den Metall-Tarifabschluss, wobei er sich aber wütende und laute Unmutsäußerungen gefallen lassen musste.
Dennoch bietet die eben genannte DGB-Kampagne für linke, aktive Gewerkschafter*innen eine Möglichkeit, einerseits die richtige Richtung der Kampagne „die Reichen sollen zahlen“  massiv zu betonen und gleichzeitig den Widerspruch zwischen dieser Kampagne und der real stattfindenden unternehmerfreundlichen Tarifpolitik von verdi und IGM aufzuzeigen.
„Revolutionäre“ 1.Mai-Demo
Am Nachmittag fand dann auf Initiative des postautonomen Spektrums noch eine genehmigte revolutionäre 1.Mai-Demo statt, mit einer sehr guten Teilnahme von um die 1000 (!) vorwiegend jungen Menschen, die dann auf einem von starken Polizeikräfte umringten, ebenfalls genehmigtem Straßenfest im sg. „Schlachthofviertel“ endete.
Ein Teil dieses Spektrums hatte vorher schon an der großen gemeinsamen Demo des 1. Mai-Bündnis teilgenommen. Leider kam es auch in München völlig ohne Anlass zu provokativer Polizeigewalt –  wenn auch nicht so massiv wie in Hamburg, Berlin und Frankfurt!
Großkundgebung und Demo der Coronaleugner*innen am 1. Mai in München kurzfristig abgesagt
Die lange vor dem 1. Mai mit 30.000 (!) Teilnehmer*innen angekündigte Corona-Leugner*innen-Kundgebung und Demo auf der Theresienwiese (dem Platz des Oktoberfestes) wurde von der Stadt München (KVR) verboten, ohne dass dagegen seitens der Corona-Leugner*innen geklagt wurde.
Splittergruppen der Coronaleugner*innen führten dann doch noch (sogar vom KVR genehmigt!!!!) ein Autokorso mit 40 bis 50 Autos zur Theresienwiese durch, auf der sie aber keine Abschlusskundgebung durchführen durften. Eine ganz kleine, spontane Fahrraddemo konnte dieses Autokorso kurzzeitig behindern, wurde aber dann von der Polizei ohne große Schwierigkeiten und Festnahmen wieder aufgelöst.
Insgesamt werteten wir von MGL-VKG, aber auch alle am 1. Mai-Bündnis beteiligten Kräfte auf einem Auswertungstreffen den 1. Mai in München insgesamt als Erfolg.
(*1) An dem breiten 1.Mai-Bündnis waren beteiligt:
GEW, Arbeiterbund f. Wiederaufbau der KPD + ihre Vorfeldorganisation „Revolution“, die PdL, MüGeLi – Vernetzung für Kämpferische Gewerkschaften (die sowohl 2020 als auch in diesem Jahr zu den Initiator*innen des Bündnisses gehörte), ISO, GAM, MLPD, Zukunft erkämpfen, SDAJ,  DKP,  RIO, Zero-Covid München, eine Betriebsgruppe der Münchner Verkehrsgesellschaft, Kolleg*innen aus den städtischen Krankenhäuser, das Anti-Krisenbündnis Mü. (an dem die MGL-VKG ebenfalls beteiligt sind), das Streik-Solikomitee (eine von der Mü. Gew. Linken initiiertes Bündnis zur Unterstützung der Streikbewegung der IGM und wahrscheinlich auch bald der GDL!)
Verdi war zwar nicht offiziell an dem 1.Mai-Bündnis beteiligt, musste aber dem Druck eines Teils ihrer Basis nachgeben und hat dann mit dem 1. Mai-Bündnis kooperiert.
Mü. 07.05.2021
Christiaan Boissevain, MGL -VKG München

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